21. JULI 2009

Dienstag, den 21. Juli 2009

Hallo, liebe Heidi-Blog-Leser. Hier wieder mal ein paar Zeilen über Heidi.

Es geht weiter vorwärts, allerdings nicht ganz so schnell, wie Heidi will. Jedes Mal, wenn wir an einem Klettergerüst, einer tollen Rutsche oder Schaukel vorbei kommen, wird Heidi von einer großen Sehnsucht übermannt. Heidi sagt dann immer: „Hierhin müssen wir fahren, wenn ich wieder gehen kann." Hierhin ist derzeit ein gemütlicher Campingplatz in der schwedischen Landschaft Blekinge, südlich von der Kleinstadt Ronneby. Direkt vor unserem Platz befindet sich ein kleiner Bootshafen und ein Strandstreifen zum Baden. Das Wasser hat gut 20 Grad und Heidi hat schon einige Male gebadet. Wasser ist mehr denn je Heidis Element. Da kann sie sich viel besser bewegen als zu Lande und sie genießt das bisschen Freiheit in ihrem ansonsten ja ziemlich begrenzten Dasein.

Heidi ist eigentlich genau wie immer: froh, erfinderisch und nicht zu vergessen auch sehr lustig. Aber sie grübelt auch, das merkt man mehr denn je. Vielleicht liegt es auch daran, dass sie sich seit einiger Zeit doch ganz anders ausdrücken kann, wer weiß. Sie denkt offensichtlich über ihre Krankheit nach und vergleicht auch mit anderen Kindern, die auch „Knoten" haben (das Wort „Krebs" ist Heidi - zum Glück - kein Begriff und wir vermeiden es in Heidis Anwesenheit). Völlig aus dem Nichts kann sie beispielsweise einen recht schwarzen Kommentar von sich geben, um dann auch gleich wieder damit weiter zu machen, womit sie gerade beschäftigt war. Es tut schon weh, Heidis recht sichere Meinung über das Leben mit „Knoten" zu hören.

In Heidis Oberstübchen passiert so einiges, da gibt es keinen Zweifel. Neulich sagte sie, dass es schön sei, Kind zu sein. Die Eltern machen genau das, was man will. Jan und ich nahmen dies sehr persönlich und fühlten uns in unserem fast schon ans Neurotische grenzenden Streben, Heidis Dasein zu vergolden, wie große Sieger. Ist es doch das einzige, was wir tun können...


Nachdem wir von Varberg zurück waren, blieben wir eine Woche zu Hause. Heidi spielte einige Male mit ihrer besten Freundin Tove und wurde von einer anderen Freundin ins Kino eingeladen. Es ist toll, dass die Freunde zu ihr stehen, obwohl ja nun so vieles ganz anders ist und das Spielen völlig von Heidis neuen Bedingungen abhängt. So alt sind sie ja doch noch nicht, die Kids.

Nach einer Woche Pause war die Physiotherapeutin Johanna von Heidis Gehkünsten richtig beeeindruckt. Heidis Mobilität reicht nun soweit, dass sie sich allein durchs Haus bewegen kann. Sie macht ein paar Schritte, hält sich dann an einem Stuhl, Tisch oder den Wänden fest, macht wieder ein paar Schritte. Das geht ganz gut und ist eine große Erleichterung für uns alle, aber besonders für Heidi, die nun endlich nicht wegen jedem Schritt um Hilfe rufen braucht. Endlich kommt sie allein auf die Toilette. Allerdings vermisst Heidi unsere Lachattacken, die des öfteren zu nassen Fussböden führten. Sie ist schon eine verrückte Maus.

Heidis linker Arm wird auch immer besser und baumelt nicht mehr wie ein leerer Ärmel am Körper runter. Heidi schafft es sogar, ihr Nintendo DS mit beiden Händen zu bedienen, auch wenn sie hin und wieder vor sich hinflucht, wenn der linke Zeigefinger nicht ganz gehorcht.


Vorige Woche fanden wir, dass Heidis Körper nun für das Leben im Wohnwagen fit genug war. Aber wir konnten nur eine kleine Runde machen, da Heidi ziemlich kurzfristig für Donnerstag, den 16.7., zu einer neuen MRT bestellt war. Dr. Johan hatte freilich gesagt, dass dies erst in drei Monaten sein sollte, aber was soll man machen? Darum zogen wir den Wohnwagen nur die 60 km bis Helsingborg. Das Wetter war ganz okay. Auf dem Programm standenFaulenzen, Freibad und kleine Radtouren, wobei Heidi glücklich und zufrieden in einem Kinderanhänger an Jans Rad saß. Vor unserer Reise nach Varberg hatten wir diesen Anhänger gekauft, von dem Heidi schon jahrelang geredet hatte und für den sie nun eigentlich schon zu groß ist. Tja, es kommt eben immer anders, als man denkt.


Am Dienstagabend klingelte mein Handy. Keine Nummer im Display - das bedeutet immer eine psychische Achterbahnfahrt, denn diese Anrufe kommen normalerweise von der Klinik. Oft genug haben wir gedacht, nun kann es einfach nicht dicker kommen, aber es scheint immer wieder etwas zu geben, das uns noch mehr Angst bereitet und noch trauriger macht. Am Telefon war, ganz richtig, Dr. Johan, der allerdings nur mitteilen wollte, dass er die MRT, die in seiner Abwesenheit entschieden worden war, abblasen wollte. Anfangs wollte er wohl seinen Kollegen nicht auf den Schlips treten, aber dann fand er es doch völlig unnötig, schon jetzt, sechs Wochen nach der OP, eine MRT zu machen. Na ja, da sagten wir freilich nicht nein. Schön für Heidi. Nadel in den Port ist ja nun mal eine Katastrophe für sie. Jeden Tag hatte sie sich mehrmals voller Unruhe erkundigt, wann denn nun Donnerstag sein. Und Jan und ich brauchen uns nicht damit herumquälen, auf den Befund zu warten. Es ist schwer genug, wie es ist. Wir fuhren aber am Mittwoch, wie geplant, wieder nach Hause und statt in der Klinik verbrachten wir den Donnerstag bei herrlichem Sommerwetter im Garten. Heidi bekam Besuch von einer Schulfreundin, Vera, und gemeinsam hatten sie viel Spaß in Heidis Kinderpool.


Am selben Abend fuhren wir wieder los und kamen dann auf unserem neuen Urlaubsplatz an. Auch Kaninchen Robin ist mit dabei. Hier in den Blekinger Schären bleiben wir nun noch ein paar Tage und dann fahren wir wieder Richtung Westen, nach Karlshamn. In dieser Gegend hat Heidis alte Kindergartenfeundin, Amanda, ein Sommerhaus und wir werden ein paar Nächte auf deren Grundstück bleiben. Heidi zählt die Tage, bis es so weit ist.

Einstweilen Euch allen einen weiterhin schönen Sommer!


 
Radtour zum Hafen von Råå in der Nähe von Helsingborg.


Baden im Freibad.


Beinübungen im Wohnwagen.


Sommerhaar mit naturblonden Spitzen und Strähnchen.


Das alte Kinderpool wurde wieder rausgeholt. Hier badet sie mit Vera.


Blick aus unserem Vorzelt. Herrlich!


Heidi kocht am Strand.


Es, oder besser gesagt sie, geht. Sehr langsam und nicht weit, aber immerhin.


2. JULI 2009

Donnerstag, den 2. Juli 2009

Danke an alle, die sich nach unserem Hilferuf sofort an die Arbeit gemacht haben! SUPER! Jeder Tipp ist wichtig.

In den letzten zwei Wochen hat Heidi große Fortschritte gemacht. Das Rollstuhlleben lässt sich zwar aushalten, aber die ständige Abhängigkeit ist nun mal nicht Heidis Ding. Mehrmals täglich spricht sie davon, was sie alles machen wird, wenn sie erst wieder gehen kann. Sie hat ihr Ziel deutlich definiert.
Darum versucht sie nun auch immer öfter, ganz allein zu stehen oder zu gehen. Sie nutzt die Gelegenheit, wenn wir gerade mal nicht in der Nähe sind und manchmal bleibt einem dann fast das Herz stehen, wenn wir sie bei ihren Übungen „ertappen". Aber die harte Arbeit trägt Früchte: Heidi macht schon ein paar Schritte ganz frei. Nun wollen wir auch den linken Arm wieder auf Vordermann kriegen. Der ist nämlich noch immer ziemlich schwach. An Heidis Willen liegt es nicht, sie probiert wirklich, den Arm und die Hand mit einzubeziehen. Die herrliche Frohnatur, die sie nun mal ist, macht das Ganze oft auch richtig lustig. Gestern beispielsweise wollte sie ihr Eis festhalten. Bei diesem Versuch schwenkte ihre linke Hand unkontrolliert über dem Becher hin und her und als der Daumen beim Greifen mitten im Schokoeis landete, lachte sie sich total kaputt darüber. Ihre ständige Heiterkeit ist einfach einzigartig. Und für mich ein wahrer Rettungsring.

Diese Woche verbringen wir in einem Kurort an der schwedischen Westküste, genauer gesagt in Varberg. Ganz kurzfristig wurde uns von der schwedischen Kinderkrebsstiftung ein Appartement in einer Villa angeboten, wo betroffene Familien kostenlos Urlaub machen können. Mit dem Rad haben wir ein paar Minuten bis zum Strand und außerdem können wir die Poolanlage des Kurhotells ausnutzen. Wir machen nicht viel, die Tage verstreichen mit Radtouren, Baden, Ausruhen. Heidi bestimmt den Tagesablauf. Das gefällt ihr gut. „Ich bin froh und munter, obwohl ich in dieser Situation bin", meinte sie gestern Abend. Toll gesagt von einem Kind, das gerade sieben geworden ist.

Am Sonntag Abend überraschten wir Heidi mit Karten zu einer ABBA-Show. Die Mädchen und Jungen der Musikhochschule Malmö waren richtig gut und besonders bei dem Lied "Take a chance on me" leuchtete Heidis Gesicht heller als der Polarstern. Ihr hättet sie sehen sollen, wie sie mit ihren ein und ein Viertel Händen klatschte. Sie lebt und erlebt so intensiv. Fast scheint es so, als wäre sie für jeden Atemzug dankbar. Sie ist so empfänglich für alle Eindrücke, denen sie begegnet. Jeder Krümel Wissen wird eifrig aufgesammelt und gespeichert. Manchmal könnte man meinen, dass ihr Körper und ihre Seele jede Minute lebt, als wäre es die letzte.

Nächste Woche sind wir dann zwecks Krankengymnastik erst mal wieder ein bisschen zu Hause. Dann drehen wir vielleicht noch eine Runde mit dem Wohnwagen. Mal sehen. Eine Stunde nach der anderen.



Heidi malt Mama. Und badet...




22. JUNI 2009

Montag, den 22. Juni 2009

Heidis Genesung schreitet weiter voran. Als wir vorigen Sonntag zu Hause waren, war ihr Körper noch schwer und kraftlos wie ein Sack. Die ersten Tage mussten wir, um nach Hause zu kommen, einen besonderen Krankentransport in Anspruch nehmen, mit dem Heidi direkt mit dem Rollstuhl befördert werden konnte. Sie in unser Auto zu heben, war undenkbar. Heidi konnte ja nicht mal allein sitzen. Nun halten ihre physischen Lebensgeister langsam aber sicher wieder in ihrem Körper Einzug.

Montagnacht haben wir zum ersten Mal wieder zu Hause geschlafen. Alle drei in unserem Schlafzimmer, so wie wir es gewohnt sind.

Die Tage verbringen wir mit Fahrten zur Krankengymnastik in Lund, allerlei Training zu Hause, Fernsehen und viel Basteln und Malen. Heidi wirkt nach wie vor recht zufrieden, aber natürlich sehnt sie sich danach, sich normal fortbewegen zu können. Am Montag, als eine Freundin vorbeischaute und ein bisschen auf Heidis Trampolin hüpfen wollte, wurde Heidi traurig. Das war dann doch zu viel. Arme Maus, wo sie doch normalerweise ständig Hummeln im Hintern hat... Nein, ganz so einfach ist das alles nicht. Es wäre doch gelogen, das zu behaupten. Für uns Eltern ist die Situation auch recht anstrengend, wenn auch auf andere Weise. Unser Haus ist nun mal nicht behindertengerecht. Die meisten Dinge fordern plötzlich neue Lösungen, viel Zeit und nicht zuletzt Muskelkraft. Heidi ist ein großes Mädchen und wiegt gut 28 kg und muss ja doch so einige Male am Tage von einer Stelle zur anderen getragen werden. Bei aller Schinderei lassen wir uns die gute Laune nicht verderben. Besser gelacht als geweint, pflege ich zu sagen. Heidi kann sich vor lauter Lachen im wahrsten Sinne des Wortes nicht halten, wenn ich unter ihrem Gewicht fast zusammenkrache, und lacht sie so kaputt, dass wir es prompt nicht bis zur Toilette schaffen. Und dann lachen wir nur noch mehr... Eine Pfütze im Korridor, wen stört das. Heidi lebt, was wollen wir mehr.

Bei der Krankengymnastik und auch, wenn wir zu Hause üben, strengt Heidi sich sehr an. Jeden Tag macht sie erstaunliche Fortschritte. Seit einigen Tagen bewegt sie ihr linkes Bein so gut, dass sie mit ordentlicher Stütze schon etliche Meter laufen kann. Nur der Fuß will nicht so richtig, er knickt ständig um und das stört dann sehr. Mal sehen, ob die Leute von der Orthopädie der Sache mit einem besonderen Schuh abhelfen können. Am Donnerstag erwachte auch Heidis linker Arm aus dem Dornröschenschlaf und nun  kann sie schon recht ordentlich damit herumfuchteln und seit heute auch die Finger ausstrecken und Dinge festhalten. Bis die Feinmotorik wieder voll entwickelt ist, dauert es noch, aber es ist schon schön zu wissen, dass der Arm überhaupt funktioniert.

In den letzten Jahren lebten wir immer nach dem Motto: Einen Tag nach dem anderen. Jetzt handelt es sich eher um eine Stunde nach der anderen. Wir vermeiden es ganz bewusst, an morgen oder gar die etwas weiter entfernte Zukunft zu denken. Davon werden wir momentan nicht stärker. Wir konzentrieren uns hartnäckig auf alles, was jetzt, in diesem Augenblick, geschieht, nichts anderes. Heidi ist ein phantastisches Mädchen. Sogar in ihrem Rollstuhl ist sie froh wie eine Lerche. Nur ihr gelingt es, uns wieder auf die Beine zu bringen, wenn sich kein Nerv mehr in uns bewegen will.


Heidi lebt, jetzt, in diesem Augenblick, folglich leben auch wir, jetzt, in diesem Augenblick.


Am Donnerstag wurde Heidi offiziell von der Kinderneurologie entlassen und in diesem Zusammenhang hatten wir auch ein halbstündiges Gespräch mit Heidis Neurologen Dr. Johan. Es ist gefühlsmäßig immer sehr aufreibend, sich zu so einem Gespräch niederzusetzten. Der Magen zieht sich zu einem harten Pingpongball zusammen, das Herz schlägt unrhythmisch - es ist schlimmer als zu seiner eigenen Hinrichtung zu gehen. Man hört Sachen, die man gar nicht hören will und bekommt Antworten selbst auf Fragen, die man gar nicht gestellt hat. Wenn man das Zimmer wieder verlässt, fühlt man, wie einem wieder ein Stück aus der Seele rausgefetzt worden ist.

Dr. Johan sagte jedenfalls, dass man, abgesehen von der Lähmung, mit dem Ergebnis der OP sehr zufrieden sei. Die pathologische Analyse der Tumore hat, wie erwartet, ergeben, dass es sich auch dieses Mal um Ependymom handelt. Wir sollten dann auch Stellung zu der äußerst schwierigen Frage nehmen, inwiefern wir eine weitere Behandlung von Heidi wünschen. Der Haken ist allerdings, dass höchstwahrscheinlich nicht mehr allzu viel zu machen ist. Lund scheint jedenfalls keine konkreten Vorschläge zu haben. Dr. Johan gab ganz offen zu, dass sie mit ihrem Latein derzeit am Ende sind. 28 Mal Hochdosis-Chemotherapie, 30 Strahlbehandlungen - alle massiven Register sind bereits gezogen, Heidis Körper hat gekriegt, was er vertragen kann. Wir erzählten dem Arzt, dass wir begonnen haben, ein bisschen auf eigene Faust in Deutschland und in den USA nachzuforschen. Dies begrüßte Dr. Johan sehr und er meinte, dass sie alles untersuchen und überprüfen und im moralisch verantwortbaren Rahmen ausprobieren würden, wenn wir mit neuen Ideen und Vorschlägen kämen.

Wir brauchen Hilfe! Die Zeit drängt und wir schaffen nicht alles allein. Nur allein Heidis Pflege und Beschäftigung ist derzeit ein Vollzeitjob. Hallo, Ihr da draußen: Könnt Ihr uns helfen, Nachforschung nach Behandlungsmöglichkeiten für Heidi zu betreiben? Schweden ist sicherlich ein Land mit einem guten Gesundheitswesen, aber an Heidis Krebsform erkranken jährlich nur 8 Kinder. Wer weiß, vielleicht gibt es in irgendeinem Winkel dieser Erde eine Lösung, vielleicht hat jemand von Euch Beziehungen zu irgendwelchen Radiologen oder Onkologen oder was auch immer, vielleicht habt Ihr irgendwo was gelesen oder gehört, dem man nachgehen könnte. Meldet Euch, wenn Ihr Details zur Krankengeschichte benötigt.

Fotos von Freitag, Mitsommer in Schweden.




14. JUNI 2009

Sonntag, den 14. Juni 2009

Heute hatten wir einen schönen Tag. Endlich zu Hause!

Heidi geht es gut und sie ist bester Laune. Sie beschwert sich nicht weiter über ihren ungewohnten Zustand, aber wenn sie etwas machen will, das man vom Rollstuhl aus und noch dazu mit nur einer Hand nicht machen kann, murrt sie. Am schlimmsten ist, dass man sich viel schneller langweilt. Einfach herumhopsen und mal sehen, was einem so einfällt, tja, das geht halt nicht.

Am Nachmittag sollte Papa die Werkbank herausholen. Im Keller suchte sie sich ein paar Holzstücke, Nägel, Pappe und Schaumgummi aus und schon war sie dabei, eine Überraschung für mich zu fabrizieren. Heidi versteht wohl (leider, leider) allzu gut, unter welch gigantischem Druck wir in der vergangenen Woche gestanden haben und will unmittelbar seelische erste Hilfe leisten. Kleines, liebes Mausel. Nun wurde jedenfalls gesägt, gehämmert, geleimt und angestrichen und nach zwei Stunden fokussierter Arbeit war das Meisterstück fertig.
Sie ist einfach ein Original, unsere Heidi.




13. JUNI 2009

Samstag, den 13. Juni 2009
Heidi ist wie eine V1. Vorwärts, vorwärts. Es ist schwer zu begreifen, dass es nach dem schweren Start, den Heidi dieses Mal hatte, so wahnsinnig schnell gehen kann. Sie kichert und lacht ununterbrochen.
Heute saß sie von 10 Uhr bis spät am Abend so gut wie die ganze Zeit im Rollstuhl. Und sie kämpft und kämpft und kämpft... Die Nadel ist raus und auch den Druckverband wurde Heidi heute Abend los. Sie hat überhaupt keine Schmerzen und braucht keine Medikamente mehr.  

Der Tag lud zu einem vollen Programm mit Freundinnen aus der Vorschulklasse ein. Zuerst kam Vera und dann Tove och Johanna. Sie brachten dicke Umschläge mit Zeichnungen, selbstgemachten Malbüchern und unzählige Perlenarmbänder und -ketten mit.


Morgen kriegen wir Ausgang und dürfen den ganzen Tag zu Hause verbringen. Yes!

Spass und Zeitvertreib mit Vera, Tove und Johanna in der Spieloase der Kinderklinik.




12 JUNI 2009

Freitag, den 12. Juni 2009

Der heutige Tag war ziemlich ereignisreich: Zuerst eine anstrengende, aber sehr lustige Trainingsstunde mit den Physiotherapeutinnen Linda und Johanna, dann kam Heidis Freundin Moa vorbei und schließlich hatten wir auch noch eine von Heidis Vorschullehrerinnen, Eva, zu Besuch.

Am Vormittag wurde das Morphium vollständig abgesetzt und Heidi wurde endlich die Nadel in ihrer bleiernen, schlaffen Hand los. Nun können wir viel besser üben.

Es geht auf allen Ebenen weiter voran. Heute saß Heidi nicht nur auf der Bettkante, sondern sogar eine Weile im Rollstuhl. Das Training ist hart, aber zeigt schnell Erfolg. Vor allem Heidis Bein funktioniert nun bedeutend besser, auch wenn es bis zum Stehen und Gehen noch weit entfernt ist.
Die Tage sind anstrengend, aber wir kämpfen weiter und allen voran unser starkes, tapferes und nicht unterzukriegendes Heidi.


Die folgenden Bilder sprechen für sich, oder was meint ihr?










11. JUNI 2009

Donnerstag, den 11. Juni 2009

Heute gibt es endlich ein paar erfreuliche Neuigkeiten. Heidi hatte eine ruhige Nacht. Auch Jan und ich schliefen besser, da Heidi gestern Abend mal richtig ordentlich gelacht und außerdem ihr linkes, leicht angewinkeltes Bein im Schlaf ausgestreckt hatte. Ich probierte es gleich mehrere Male hintereinander, um wirklich sicher zu sein. So eine Erleichterung! Am Vormittag wiederholte Heidi das Ganze dann vor versammelter Medizinerschar bei der Visite und Dr. Tove machte einen wahren Freudentanz und klatschte vor Entzücken in die Hände. Heidi wird sicherlich morgen nicht aufstehen und ihre ersten Schritte machen, aber es war doch ein gutes und wichtiges Zeichen.

Zur Mittagszeit wurde die regelmäßige Morphiumversorgung abgesetzt und nun gibt es Morphium nur noch auf Knopfdruck. Das geht prima.

Später hatte Heidi eine richtig anstrengende Stunde mit der Physiotherapeutin. Die Beinübungen waren ein Klacks, aber sich im Bett aufzusetzen kostete einen Fluss von Tränen und zwei Knopfdrücke.

Im Allgemeinen war Heidi heute viel munterer. Tagsüber hatte sie keinen Tropf, sondern begann selbst zu trinken und ein wenig zu essen. Sie lachte immer öfter und es dauerte nicht lange, da flachste und geigelte sie schon wieder mit uns herum. Ein paar Sätze auf Deutsch kamen auch.

Der Verband rutschte mehr und mehr und zog ordentlich an den Haaren. Es gab keine andere Wahl, als die ganze Geschichte abzumachen und neu zu wickeln. Zum einen musste Heidi sitzen, zum anderen hatten sich tausend Haare  in der Binde verfangen und es war eine Strapaze, als die alle rausgerissen wurden. Arme Prinzessin. Zum Glück sah die Wunde jedenfalls trocken und gut aus.

Gegen Abend wirkte Heidi immer gelangweilter. Sie sehnt sich nach der Schule, ihren Freunden und Klassenkameraden. Morgen ist der letzte Schultag und in unserer Einfalt hatten wir ja gehofft, dass Heidi ein paar Stunden dabei sein könnte, aber nun können wir das abhaken. Es ist ganz einfach unmöglich, sie irgendwie in ein Auto einzuladen. Vielleicht kommen bald ein paar von Heidis Freunden zu Besuch. Da wird sie sich freuen.


10. JUNI 2009

Mittwoch, den 10. Juni 2009

Ein neuer Tag. Die Lage ist stabil. Am Vormittag hat Heidi, die immer noch völlig erschöpft ist, größten Teils geschlafen. Aber es geht langsam aber sicher vorwärts und Heidi ist immer länger wach und braucht immer weniger Morphium, jedenfalls, so lange sie sich nicht bewegt. Das tut sehr weh und ist sehr mühevoll.  

Die MRT von gestern hat die Frage nach der halbseitigen Lähmung beantwortet. Bei der Operation kam es zu Sauerstoffmangel in einem Teil des Gehirns, vermutlich durch ein eingeklemmtes oder krampfendes Blutgefäß verursacht. Sauerstoffmangel im Gehirn hat, wie wir alle wissen, immer ernsthafte Folgen. Dies war Heidis vierte Hirn-OP und ja, freilich haben wir uns gefragt, wie oft das denn noch gut gehen würde. Die Neurologin Dr. Tove meint, dass die Lähmung verschwinden würde. Sie sprach von Wochen und Geduld. Selbstverständlich gibt es keine Garantie.

Schon heute wurde Heidis Rehabilitierung eingeleitet. Zwei nette Physiotherapeuten kriegten Heidi dazu, sich auf die Bettkante zu setzten. Eine aufreibende Aktion, die zwar zwei extra Morphiumdrücker bedurfte, aber es ging. Dann blieb Heidi noch eine ganze Weile wach und schaute sich hintereinander zwei Filme an. In ihrem Mund verschwinden nun auch so nach und nach einige Kleinigkeiten - Gummibärchen, ein paar Chips, ein paar Schluck Wasser. Es geht vorwärts. Und einmal sahen wir tatsachlich einen klitzekleinen Ansatz zu einem klitzekleinen Lächeln. Es wird schon kommen.


9. JUNI 2009

Dienstag, den 9. Juni 2009

Am Sonntag kamen wir, wie geplant, um 18 Uhr in die Klinik. Die Nadelgeschichte war wieder sehr schlimm, aber Heidi erholte sich schnell und war den Rest des Abends recht guter Laune. Der Neurochirurg Dr. Peter kam vorbei und meinte, dass die Operation kein Problem und nach ca. 4 Stunden vorbei sein würde. Trotz allen Ängsten stimmte uns das doch relativ optimistisch.

Am Montag war Heidi leider erst Nummer zwei in der OP-Planung. Gegen 11, 12 sollte sie dran sein. Der Vormittag wurde lang. Heidi wachte zeitig auf und dann passierte, wie immer, gar nichts. Hungrig und total ans Bett gebunden (fertig OP-geduscht usw.) war es nicht so leicht, sich die Zeit zu vertreiben. Wir mussten dann noch bis halb zwei warten. In dem grossen Op-Saal zwischen all den neuen Schwestern und allerlei komischen Vorbereitungen, die da im Gange waren, blieb Heidi ertsaunlich ruhig und gelassen. Um 14 Uhr schlief sie dann und kurz nach sechs durften wir sie auf der Intensivstation wiedersehen. Sehr müde, grosse Schmerzen, schwer, schwer. Den Kopf oder Körper auch nur ein bisschen zu bewegen war schier unmöglich und machte Heidi sehr traurig. Wir konnten auch kaum verstehen, wenn sie etwas flüsterte. Arme, kleine Maus. Der Chirurg kam und sagte, dass er ohne Komplikationen einen Tumor von knapp einem Zentimeter und zwei kleine Pünktchen entfernt hat. Nichts sei schief gegangen, alles sähe gut aus.

Gegen 22.30 Uhr konnte Heidi ihr linkes Bein und den linken Arm nicht mehr bewegen. Es war einfach nichts zu machen und musste unmittelbar untersucht werden. Der Arzt entschied, ein CTG zu machen, um eine eventuelle Hirnblutung aufdecken zu können. Heidi war wirklich nicht in dem Zustand, wieder weggerollt und weiter untersucht zu werden. Sie hatte bei jeder Bewegung schlimme Schmerzen und war ganz unruhig darüber, was nun wieder alles mit ihr gemacht werden sollte. Unsere Beine waren weich wie Knete, als wir uns gegen Mitternacht zum CTG schleiften. Es ist mir ein Rätsel, wie wir Heidi auf die CTG-Pritsche kriegten. Sie hatte solche Angst, weinte, zitterte, alles tat weh, überall diese Strippen und Schläuche, die auch noch mit mussten. Heidi schluchzte, dabei sollte sie doch still liegen. Aber es gelang uns, sie zu beruhigen. Wir erzählten von den Entspannungsübungen, die sie morgens immer in der Schule machten und es klappte. Heidi hörte uns zu, entspannte sich, lag ganz still, hörte auf zu weinen. Mein Gott, sie war so verdammt tüchtig, unsere kleine Heldin!

Das CTG zeigte keine Hirnblutung, wir brauchten Heidi also nicht wieder dem OP-Team übergeben, wie wir befürchtet hatten. Der Chirurg, den man telefonisch konsultiert hatte, konnte sich die Sache nicht erklären. Möglicherweise hatte sie einen kleinen Krampfanfall gehabt, was nach einer Hirn-OP nicht unnormal sei, und deswegen sei die Lähmung eingetroffen. Sie würde sicher bald wieder verschwinden.

Die Zeit verstrich, ich starrte die ganze Nacht auf den Monitor, alles war stabil. Am Vormittag trank Heidi einige Schlucke Wasser. Dann kamen wir zurück auf die Neurologie.  Hier bekam Heidi eine Morphiumpumpe, die ihrem Körper regelmäßig kleinere Mengen Morphium zuführt, aber auch eine  Knopf hat, den Heidi bis zu vier Mal pro Stunde selbst drücken kann, um noch einen extra Schuss zu kriegen.  Die Lähmung verschwand nicht und wenn Heidi den Arm oder das Bein bewegen sollte, wurde sie ängstlich und traurig.

Gegen Mittag teilte uns die Stationsärztin mit, dass für morgen eine MRT geplant sei. Wir meinten, dass es heute viel besser sei, wo Heidi doch sowieso noch nüchtern ist. Einleuchtend, fand man und am Nachmittag ging es wieder auf Tour durch dieses riesige Krankenhaus. Um 16 Uhr war unsere Maus in der nächsten Narkose versunken, dann kriegten wie sie eine Stunde später auf der Aufwachstation wieder und gegen 18 Uhr waren wir wieder im Zimmer. Was für ein Tag. Wir wissen kaum noch, wo wir sind und wie spät es ist. Schlaf - was ist das?

Heidi hingegen hat viel geschlafen, das Morphium hat sie ganz schön auf die Bretter gehauen. Aber gegen 20 Uhr war sie ein bisschen länger wach, und hat sogar einen Keks gegessen. 48 Stunden ohne Essen...

Außerdem guckte sie zum ersten Mal einen kleinen Film. Endlich! Vielleicht kommt sie nun bald wieder zurück. Wir sehen uns nach einem klitzekleinen Lächeln, ihr ahnt nicht, wie sehr. Was sie diese 48 Stunden wieder durchgemacht hat, machen manche ihr ganzes Leben nicht.
 

Ja, es ist zweifelsohne ein verdammt hoher Preis.


6. JUNI 2009

Samstag, den 6. Juni 2009

Hier ganz kurz zum Stand der Dinge. Die MRT des Spinalkanals zeigt keine Tumore im Rücken. Das bei der Lumbalpunktion entnommene  Hirnwasser weist keine Krebszellen auf. Aber trotzdem ist die Lage sehr, sehr ernst. Das Gespräch mit Heidis Neurologen Dr. Johan, das nach beharrlichem Drängen dann am 25.6. schließlich zu Stande kam, stimmte uns außerordentlich traurig. Die Tatsache, dass nun wieder neue Tumore gewachsen sind, macht mehr als deutlich, dass weder die 28 äußerst anstrengenden Chemotherapien noch die 30 Bestrahlungen den erhofften Effekt gezeigt haben. Wir müssen nun mit der Tatsache leben, dass Heidis Krebs nicht zu besiegen ist. Ein Schmerz, der uns über den Verstand geht.


Der nächste Schritt ist nun erst mal eine weitere Operation. Sie macht uns allen schreckliche Angst, aber sie ist unvermeidlich. Es geht um Zeit, Zeit für und mit Heidi. Morgen um 18 Uhr werden wir also erneut ein Zimmer auf der Kinderneurologie beziehen und am Montag ist es dann so weit. Zum vierten Mal.


Weitere Maßnahmen sind im Moment noch nicht festgelegt.


Drückt nun erst mal alle Daumen, dass die Operation gut geht! Lasst uns hoffen, dass Heidi sich auch dieses Mal schnell erholt und ein weiteres Mal zu ihrem Leben zurückkehren kann, das sie so wahnsinnig liebt und doch aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr allzu lange leben darf.  


Es gibt keinen Trost, nur die Hoffnung auf ein Wunder.



Vom heutigen Fussballspiel. Heidi zum ersten Mal als Torwart. Wir haben sie nicht gezählt... :-)
Dann Disco mit den besten Freunden. Mehr Heidis Ding :-))






22. MAI 2009

Freitag, den 22. Mai 2009

Es ist nun einige Tage her, dass wir Heidi von den neuen Tumoren erzählt haben. Sie trug es mit erstaunlicher Fassung, war fast ein wenig zu ruhig. Sie blieb auch völlig beherrscht, als wir ihr eröffneten, dass eine neue MRT (übrigens Dienstag nächste Woche) ins Haus steht. Es war, als ob sie es irgendwie schon geahnt hatte, dass nicht alles beim Rechten war. Obwohl wir uns so angestrengt hatten, war es uns wohl doch nicht ganz gelungen, unsere Angst und Unruhe zu verbergen. Vor der letzten MRT reagierte sie nämlich ganz anders, da legte sie ihre Hände schützend über ihr Porth-a-Cath und sank in sich zusammen, wie immer, wenn sie nur die geringste Silbe von Nadel und Porth-a-Cath hörte. Hört auf, redet nicht davon, ich will das nicht hören, pflegt sie zu betteln, sobald es nur irgendwie um Nadel und Porth-a-Cath geht.

Am Mittwoch erreichte uns dann das Urteil des Neurochirurgen: Operation. Die zwei neuen Tumore befinden sich im alten OP-Bereich und ihre Lage sei in chirurgischer Hinsicht günstig. Es werden zwei Vorteile gegenüber dem Gamma-Knife angeführt. Zum einen können die Tumore pathologisch analysiert werden. Noch wichtiger aber: Wenn der Chirurg erst mal in den Hohlraum vorgedrungen ist, wo sich die Tumore befinden, kann er auch sehen, ob es noch andere kleine Tumore gibt, die bei der MRT nicht sichtbar wurden. Diese könnten dann gleich mit entfernt werden. Klingt total plausibel, kein Zweifel.

Bloß, dass es uns allein bei dem Wort Operation schon den Magen umdreht. Es ist so unfassbar, so absurt, so entsetzlich, dass Heidi erneut so eine Operation erdulden und durchstehen soll. Verdammt noch mal, nur über meine Leiche, möchte ich am liebsten schreien. Zum vierten Mal, das kann einfach nicht wahr sein. Wie viel kann man ertragen? Wie lange soll man das eigentlich alles aushalten? Unser armes, armes Mäuschen.

Einstweilen haben wir Heidi noch nichts von den OP-Plänen gesagt. Es fällt uns extrem schwer und es ist vielleicht sowieso besser, dass wir erst mal den Befund der nächsten MRT abwarten. Sollte es Metastasen im Rücken geben, wäre die Lage sicherlich wieder anders und die Maßnahmen würden revidiert. All das ist allerdings nur unsere eigene Spekulation. Fragen haben wir, wie erwähnt, jede Menge, bloß keinen, dem wir sie stellen können, da wir immer noch keinen Arzt sprechen konnten. Unser bisheriger Kontakt mit einem Arzt beschränkt sich auf die ca. 10 Minuten Telefonat, bei dem uns am 13. Mai um 21.30 Uhr die Nachricht von den zwei neuen Tumoren überbracht wurde.
Ist schon jämmerlich, beim besten Willen.



Aber wir werden kämpfen, alle.

Wenn sich der Schock gelegt hat, 
ist die Hoffnung wieder da.

Genau wie wir.

Noch ist dieses Kapitel nicht zu Ende.



16. MAI 2009

Heidi gestern Nachmittag vor dem Kindergeburtstag. Wie eine Elfe...





15. MAI 2009

Freitag, den 15. Mai 2009




Foto vom 3. Mai 2009: Tim gratuliert Heidi zu ihrem 7. Geburtstag - natürlich mit Blumen!

Ich wünschte, dass dieser Eintrag einzig und allein davon handeln könnte, wie gut es Heidi geht und wie prima sie sich entwickelt. Mit Meilenstiefeln ist sie diesen Frühling vorangeschritten. Sie ist so groß geworden, unsere kleine Prinzessin. Hätte ich die Zeit, würde ich wohl alles bis aufs letzte Detail erzählen. Glaubt mir, sie ist eine Freude für Herz und Auge. Mit Begeisterung saugt sie alle Fakten und Zusammenhänge in sich auf, über die sie nur kommen kann und teilt ihre Erkenntnisse gern mit uns anderen. Man merkt ständig, welchen Spaß es ihr macht, etwas zu wissen. Jeden Tag tauchen neue Wörter auf und sie drückt sich immer komplizierter aus, nunmehr auch auf Deutsch, wo sie uns mit diversen ungewöhnlichen Wörtern und Ausdrücken überrascht und amüsiert.  Selbstsicher vermittelt sie ihre Ansichten. Ihr Körper ist in einem super Zustand. Alles funktioniert, wie es soll. Sie schwimmt und taucht wie ein Fisch im Wasser, obwohl sie ja gerade im Januar ihren ersten richtigen Schwimmkurs begonnen hat. Seit einigen Wochen spielt sie Fußball im FC Staffanstorp. Sie tanzt und singt, wo immer sie sich befindet. Ein paar Töne im Lautsprecher des Shoppingcenters genügen. Wehmütig lauschen wir ihren Träumereien von ihrer zukünftigen Familie. Die Eigenschaften und das Aussehen ihres Mannes rasselt sie in zwei Minuten runter und die Namen ihrer Kinder stehen seit langem fest. Heidi ist wirklich keine Frühlingsbrise, sie ist ein Sturmwind. Immer froh und gut gelaunt, ist sie ein lustiger, erfinderischer, spitzbübischer Pfiffikus  - ja, sie ist ganz einfach einmalig.


An dieser Stelle hätte ich gern ein paar Bilder eingefügt und tschüss bis nächstes Mal gesagt. Aber leider kommen nun doch noch ein paar andere  Zeilen, die mir sehr schwer fallen. Drückende Bürde ist erneut auf uns geladen worden. Zwei kleine Tumore sind auf den MRT-Aufnahmen von letzter Woche zu sehen. Allen Behandlungen zum Trotz ist wieder etwas gewachsen. Der Befund erreichte uns spät am Mittwochabend und leider hatte Doktor Johan erst mal nichts Konkretes zu sagen, als dass man schnellstmöglich eine weitere MRT machen will, um den Spinalkanal, also den Rücken, auf eventuelle Tumore hin zu untersuchen. Die MRT-Aufnahmen sollen außerdem von dem Neurochirurgen Dr. Peter und dem Gamma Knife Zentrum Stockholm (Gamma Knife = sog. Strahlenmesser) beurteilt werden.


Tja. Da stehen wir also wieder da, bestürzt und hilflos, dem Schicksal völlig ausgeliefert. Noch sitzt der Schock in jedem Nerv. Niemand, auf den man die Schuld schieben kann, niemand, dem man Fragen stellen kann. Was nun? Und welche Konsequenzen hat dies für Heidis Leben? Nein, diesen Befund hatten wir irgendwie doch nicht erwartet, jedenfalls nicht jetzt. Aber was soll man schon erwarten... Trotzdem, irgendwie hatten wir auf eine kleine Atempause gehofft. Wir sehnen uns so wahnsinnig nach einem einzigen normalen und ruhigen Sommer. Aber nein, dieser gottverdammte Krebs kennt einfach kein Erbarmen.  


Heute Nachmittag wollen wir Heidis Kindergeburtstag feiern. Wir haben einen Ausflug in den Wald geplant. Weder die Gäste noch Heidi haben eine Ahnung, wohin wir fahren werden. Da draußen wollen wir Hamburger grillen und auf dem Abenteuerspielplatz herumturnen. Schatzsuche, Fragesport und Schokoladenmedaillen sind vorbereitet. Heidi hat lange auf diesen Tag gewartet und ist außer sich vor Freude. Gestern Abend war sie eine Stunde lang damit beschäftigt, kleine Taxifahrscheine für ihre Gäste anzufertigen. Sie möchte ihr weißes Seidenkleid mit den silbernen Pailletten tragen und ihr Haar will sie mit Zweigen des lila Flieders, der vor unserer Haustür blüht, schmücken.

In der Nacht zum Mittwoch lagen wir wach und überlegten, wie und wann wir Heidi die traurige Nachricht überbringen sollen. Einen Tag vor ihrem Geburtstagsfest? Nein, das ging einfach nicht, beschlossen wir und strengen uns an wie nie zuvor. Wahrscheinlich durchschaut sie uns trotzdem, man kann ihr halt nichts vormachen.

Es fällt uns ja immer sehr schwer, nein zu sagen, egal, worum es geht. Aber gestern war es schwerer denn je und wirklich Glück für unsere Haushaltskasse, dass Heidi nicht auf einen Ferrari zeigte, weil wir den sonst wohl schnurstracks für sie erworben hätten.

In der Gärtnerei kauften wir jedenfalls den Kirschbaum, den sich Heidi seit einer Weile gewünscht und nun von Oma zum Geburtstag bekommen hatte. Wir pflanzten ihn gemeinsam und säten noch mehr Blumen im Garten. Heidis große Leidenschaft ist es ja, im Garten herum zu spazieren und Blumen, Blätter und Gräser zu pflücken, die sie dann zu den herrlichsten Sträußen bindet.


Dieses Jahr wachsen an dem kleinen Baum zwei Kirschen für Heidi...


Foto: Mittwoch, 13.05.09 - Blumenstrauss
für Mama und Papa.











Foto: 09.11. 08 - Herbststrauß für Mama.


26. FEBRUAR 2009

Donnerstag, den 26. Februar 2009

Gestern hatte Heidi einen Termin bei ihrem Neurologen Dr. Johan. Alles lief super. Dr. Johan war von Heidis topfiter Erscheinung begeistert und bestätigte, dass die MRT-Aufnahmen gut aussehen. Nachdem er Heidi dann ein bisschen genauer unter die Lupe genommen hatte, war er so zufrieden, wie man nur sein kann. Er meinte, dass Heidi sich nach dem jetzigen Stand der Dinge und von außen betrachtet in keinerlei Hinsicht von einem kerngesunden Kind unterscheidet. Im Prinzip, wohlgemerkt... Aus unserer Warte (und vielleicht sogar aus der des Arztes??) grenzt dies angesichts all dessen, was Heidi körperlich und seelisch durchgemacht hat,  fast an ein Wunder. In dem Augenblick, als Dr. Johan das Wort „gesund" aussprach, konnte man ein hauchfeines Zögern in seiner Stimme vernehmen. Er war wohl ein kleinwenig unsicher, wie wir seine Ausführung deuten würden. Selbstverständlich meint er, dass Heidi gesund ist, wenn man vom Krebs absieht. Kann sein, dass sie sogar in dieser Beziehung gesund ist, kann sein, dass der nächste Tumor schon auf der Lauer liegt. Das weiß niemand.

Wie auch immer war es wahnsinnig schön zu hören, was wir jeden Tag vor Augen haben: Ein putzmunteres Mädchen, dem es einfach nicht besser gehen kann. Und die Antwort auf diese knifflige Frage, ob Heidi gesund ist, kann halt nur die Zukunft geben, auch nichts Neues...

Dann gibt es da noch ein kleines, aber doch bedeutsames Fragezeichen, das einer äußerst wichtigen Drüse gilt, der Hypophyse. Die Hypophyse ist die wichtigste hormonbildende Drüse des Körpers, in der eine Vielzahl verschiedener Hormone produziert wird, die wiederum andere Drüsen des Körpers stimulieren, Hormone zu bilden. Bei Strahlung des Gehirns kann die Hypophyse Schaden nehmen und somit zu verschiedenen Wachstums- und Stoffwechselproblemen führen.

Um die Funktion von z.B. Heidis Schilddrüse zu kontrollieren, bedarf es einer Blutprobe, die allerdings letztlich im Zusammenhang mit der MRT nicht gemacht (oder mit anderen Worten versäumt) wurde. Dr. Johan wollte Heidi sicherlich von einer weiteren Nadel verschonen und darum wird man erst mal abwarten und dann die nächste Gelegenheit, d.h. die nächste MRT, wahrnehmen, um diese wichtige Probe zu entnehmen. Was das Wachstum anbelangt, wird man Heidi gut im Auge behalten und fleißig kontrollieren, wie es ihr geht und wie sie wächst. Bleibt nur zu hoffen, dass ihre Hypophyse sich so gut wie möglich vor der Bestrahlung retten konnte...

Für das kommende Jahr ist nun jeden dritten Monat eine MRT angesagt. Danach sollen neue Beschlüsse gefasst werden. Das ist nicht unbedingt etwas, woran wir ständig denken. Ein Jahr ist ganz einfach viel zu weit weg. Unser Blick reicht höchstens bis zur nächsten MRT und eigentlich nicht mal so weit. Einen Tag nach dem anderen, dies gilt nach wie vor für uns, auch dies für Euch „da draußen" nichts Neues. An einem einzigen Tag kann so viel passieren. Das Leben kann über Nacht von seinem Plan abweichen. Und das Leben ist wirklich keine Selbstverständlichkeit. Denkt daran und macht Euch heute einen schönen Abend!
 


14. FEBRUAR 2009

Samstag, den 14. Februar 2009

Wir haben gute Nachrichten: Die Aufnahmen von letzter Woche sehen prima aus. Das ist zumindest, was die MRT-Ärzte gesagt haben.
Auf dem Tisch des Neurologenteams hat Heidis Fall noch nicht gelegen. Da wird man dann festlegen, wie es nun in den nächsten Monaten weitergeht. Wir melden uns dann wieder, wenn es etwas Neues gibt.  

Schönes Wochenende!


31. JANUAR 2009

Samstag, den 31. Januar 2009


Schönes Wochenende! Bald kommt der Frühling.


24. JANUAR 2009

Samstag, den 24. Januar 2009

Besser spät als gar nicht: Wir wünschen Euch allen ein gutes Neues Jahr! Es ist eine Weile her und wir hoffen, dass Ihr keine Nachrichten als gute Nachrichten gewertet habt. Wir haben uns ganz einfach mal eine totale Auszeit geleistet und uns über nichts und gar nichts Gedanken gemacht. Herrlich! Die Wochen sind wie im Fluge vergangen und die Adventszeit, Weihnachten in Erfurt und eine sonnige Ägyptenwoche fühlen sich irgendwie schon wieder weit weg an.








Heidi ist voll mit ihrem Vorschuldasein beschäftigt, wir Eltern gehen unserer Arbeit  nach und zu Hause basteln wir nebenbei ein wenig an unserem Ewigkeitsprojekt Haus. Zur Klinik halten wir einen gehörigen Abstand und manchmal könnte man fast meinen, dass wir ein ganz normales Leben führen. Wichtig ist dabei immer wieder, nicht ins Grübeln zu versinken. Das ist die Überlebensstrategie, mit der wir am besten fahren. Wir leben hier und jetzt. Heidi geht es super und sie entwickelt sich prima. Gestern war alles gut. Heute ist auch alles gut. Und morgen? Tja, das werden wir wohl morgen sehen. Schwerer ist das Ganze gar nicht. Man kann es natürlich auch so sehen, dass es ziemlich beschissen ist, so wie wir im Dreimonatetakt von einer MRT zur nächsten zu leben, wo sich kein Plan weiter als 10 Wochen strecken darf. Aber, wie gesagt, so zu reflektieren hilft einem überhaupt nicht weiter. Man muss sich einfach festlegen. Letztendlich entscheiden wir selbst, ob wir runter in die Pfützen oder hoch zum Himmel blicken wollen. Nur da oben sind die Sterne, oder etwa nicht?

Vor ein paar Tagen entdeckten wir übrigens auf Heidis bisher gänzlich kahler Bestrahlungsfläche den ersten dunklen Flaum. Angesichts der Tatsache, dass es nicht sicher war, ob die Haare wieder nachwachsen würden, haben wir uns sehr gefreut.


Manchmal wird uns die Frage gestellt, wie die Strahlentherapie denn nun gewirkt hat. Leider gibt es darauf keine Antwort. Nach Heidis OP im Sommer wurde eine MRT durchgeführt. Das ist, wie Ihr sicher wisst, eine Untersuchung auf makroskopischem Niveau, d.h. die Spezialisten können eventuelle Veränderungen mit bloßem Auge sehen. Da, wo man nach wie vor im Dunkeln tappt, ist die Frage nach dem mikroskopischem, also Zellniveau. Und das ist auch das Problem. Die kleinste übriggebliebene Zelle kann ausreichend sein, um den ganzen Prozess aufs Neue zu starten. Die Zelle teilt sich, wird zu einem neuen Tumor und der Rezidiv ist ein Faktum. Wenn nun nach der OP noch Krebszellen in Heidis Gehirn waren, und das ist angesichts der knappen Marginalen (wie viel man wegschnippeln kann) bei Operationen im Hirn nicht undenkbar, so hat die Strahlentherapie hoffentlich die eventuell übriggebliebenen Krebszellen zum Teufel geschickt. Krebszellen im Gehirn lassen sich nicht nachweisen und darum weiß man also nicht, ob es vor oder nach der Strahlentherapie noch böse Zellen gab. Nur die Zukunft kann die Antwort geben, ob die Therapie gelungen ist.

Summa summarum: Bekommt Heidi keinen neuen Tumor kann die Behandlung wohl als geglückt angesehen werden. Aber selbst dann weiß man ja eigentlich nicht, ob es nicht schon die OP war, die alles weggeputzt hat. Uns ist das freilich egal. Was zählt, ist dass Heidi gesund ist und lebt.


Für die Ärzte und Forscher ist das schon ganz anders. Für die wäre dieses Wissen für Behandlung, Heilung und warum nicht sogar auch Prophylaxe sicher von großen Nutzen. Aber einstweilen wissen sie recht wenig. Krebs ist trotz aller Fortschritte immer noch ein Rätsel. Ich glaube, dass wir es nach wie vor mit einem Feind zu tun haben, von dessen wahrer Gestalt wir äußerst wenig wissen. Mit geballten Fäusten stürzen wir uns auf die Tumore, attackieren mit einem Cocktail aus Chemikalien und Strahlen alles über der Oberfläche Sichtbare und balancieren dabei, exakt zwischen Leben und Tod, halsbrecherisch dicht am Rande des Abgrunds entlang. Man kann es einfach nicht besser.  Aber die Frage ist, ob die Mündung der Kanonen wirklich dahin zeigen soll. Irgendwie glaube ich, dass sich die Lösung ganz woanders befindet und erst, wenn klargestellt ist, warum Kinder an Krebs erkranken, werden sie eine faire Chance auf Heilung haben.


So weit, so gut. Zurück zu unserer Wirklichkeit. Unser wertvolles Timeout neigt sich wieder mal dem Ende zu. In knapp zwei Wochen hat Heidi einen Termin für die nächste MRT. Ihr könnt ja schon mal anfangen, die Daumen zu drücken und wir dann melden uns dann mit dem Befund wieder.


6. DEZEMBER 2008

Samstag, den 6. Dezember 2008

Auch dieses Jahr hat Nikolaus den weiten Weg nach Schweden gemacht, um Heidis blankpolierte Stiefel mit Schokolade, Obst und einigen kleinen Geschenken zu füllen. Heidi war sehr froh, als sie den „My Little Pony"-Film entdeckt, der ihr schon lange in ihrer Sammlung gefehlt hat. Auch das Uhrenlernbuch mit Biene Maja war ein Volltreffer.


Ansonsten ist es ruhig bei uns. Heidi geht es gut und der Alltag nimmt seinen Gang. Genau so mögen wir es. Einen Tag nach dem anderen und möglichst nicht an die Zukunft denken, so geht es Jan und mir am besten. Es sind ganze zwei Monate bis zur nächsten MRT. Wertvolle Zeit in der Hoffnung, dass alles gut ist. Diese Zeit gedenken wir zu genießen.







23. NOVEMBER 2008

Sonntag, den 23.11.2008
Im Moment ist es mir zeitlich unmöglich, Heidis Tagebuch auf den neuesten Stand zu bringen. Einstweilen ein paar Bilder...



Montag Abend nach der Heimkunft von der letzten Uppsala-Runde: Ein paar kleine Geschenke und einige Tröpfchen Sprudel im Glas.



Dienstag Vormittag in der Schule: Endlich wieder zurück! Der Tausendfüssler hat alle seine Beine und kann nun in Ruhe zu Heidi nach Hause kommen.


11. NOVEMBER 2008

Dienstag, den 11.11.2008
Ja, nun ist das Ende in Sicht. Drei Kreuze... Heidi hat die Nase wirklich voll und das Fliegen reizt sie schon lange nicht mehr. Wie bereits erzählt, sind die Reisetage zäh und langweilig. Heidis Sehnsucht nach dem normalen Alltagsleben zu Hause ist grenzenlos.

Die Woche zu Hause neulich, nun auch schon wieder fast 10 Tage her, war schön und wurde mit Heidis toller Halloweendisco feierlich beendet.  Sieben Klassenkameraden waren eingeladen. Die Wahl war Heidi nicht leicht gefallen, aber alle 20 kann man ja nicht in einem Kinderzimmer unterbringen. Es war auch so schon ganz schön was los.






Die Schule, oder besser gesagt, die zwei Erzieherinnen/Lehrerinnen und die Kinder, sehen weiterhin zu, ordentlich mit Heidi in Verbindung zu bleiben. Super! Der Tausendfüssler an der Schultafel (auf dem Bild noch mit nur 19 ausgemalten Beinen) hat nun fast alle seine Beine fertig.



Als wir vorigen Freitag nach der Heimkunft noch fix im Hort zu Besuch waren, kamen die Kinder aufgeregt und froh auf Heidi zugestürmt. Eifrig überreichten sie Zeichnungen, Briefe und sogar ein Geschenk, worüber Heidi sehr stolz und regelrecht gerührt war. „Bester Freund der Welt" steht auf der Tasse und alle Kinder haben ihren Namen drauf geschrieben.



Nun sind noch vier Bestrahlungen übrig. Heidi und ich versuchen, uns die Zeit in Uppsala so gut wie möglich zu vertreiben. Das Wetter ist scheusslich, grau und regnerisch, brrrr. Am Donnerstag Abend kommt Jan, um dann am Freitag den Wohnwagen wieder nach Staffanstorp zu ziehen. Hoffentlich ohne Panne, war ihm doch auf dem Weg hochwärts unerklärlicherweise eine der Wohnwagenfelgen geplatzt. Erfahren wie er ist, hatte er aber gleich gemerkt, dass mit dem ja nicht gerade kleinem Gefährt etwas nicht stimmte, konnte anhalten und somit Schlimmeres verhindern. Glück im Unglück...
Am Montag fliegt Jan dann zwecks Bestrahlung Nummer 30 noch einmal mit Heidi nach Uppsala. Vor einigen Wochen war die Protonenanlage ja nicht funktionstüchtig und somit blieb dieses eine Mal noch übrig. Nicht zu ändern.  

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