24. JULI 2008

Donnerstag, den 24. Juli 2008
Am Sonntag verließen wir Skummeslövsstrand und kamen nach Vänersborg. Heidi hatte so große Sehnsucht nach der Verwandtschaft, dass sie während der dreieinhalbstündigen Fahrt nicht einen Piep verlauten ließ, wann wir denn endlich da wären. Diese Frage kommt sonst immer so nach einer halben Stunde.

Heidi wollte Oma Gretas Geburtstag nachfeiern und war tagelang eifrig damit beschäftigt, die kleine Wohnwagenparty zu organisieren. Luftballons, Girlanden, Tischschmuck - alles wurde gründlich vorbereitet.

Am Montag kam dann zum einen der Sommer und zum anderen sieben Gäste zu uns und Heidi war mehr als zufrieden. Das sehen wir gern!

Heidi geht es prima, sie liebt das faule Sommerleben, das wir hier leben. Sie ist lustig und erfinderisch und spielt uns ständig neue Streiche. Wie immer ist sie das allerbeste Mädchen auf der ganzen Welt und wir lassen keine Gelegenheit verstreichen, mit ihr zusammen zu sein.

In unserem Inneren sieht es nach wie vor recht chaotisch aus. Mal ist die Hoffnung groß, mal fühlt sich alles schwer und dunkel an. Aber daran sind wir ja mittlerweile gewöhnt.

















17. JULI 2008

Donnerstag, den 17. Juli 2008

Heute haben wir endlich etwas Neues erfahren. Der Chirurg sieht kein Problem darin, Heidis neuen Tumor zu operieren. Gut! Auch wenn eine Operation am Gehirn immer riskant ist und schwere Komplikationen mit sich führen kann, ist dies eine den Umständen entsprechend gute Nachricht. Man hat uns immer gesagt, dass die Chance, den Krebs zu überwinden, am größten ist, wenn der Tumor operativ entfernt werden kann. Und einstweilen haben wir diese Hoffnung noch nicht aufgegeben.

Wir wissen nun auch, dass wir aller Wahrscheinlichkeit nach weitere zwei Wochen mit dem Wohnwagen unterwegs sein können. Der Tumor ist bisher so langsam gewachsen, dass die Ärzte keinen Grund zu extremer Eile sehen. Schade nur, dass man uns dies nicht schon vor zehn Tagen sagen konnte. Dann hätten wir nicht die ganze Zeit wie auf Nadeln sitzen brauchen.

Im Moment genießen wir die kühlen 17 Grad, die uns der Küstenort Skummeslövsstrand zu bieten hat und werden bald weiter in Richtung von Jans Heimat ziehen. Heidi sehnt sich nach Oma Greta und den Cousinen Elin und Hanna.

Die Operation soll in KW 32 durchgeführt werden, was aber noch nicht richtig feststeht. Wir hoffen sehr, dass es mit diesem Termin klappt, damit Heidi in KW 34 gemeinsam mit den anderen Kindern die Vorschule beginnen kann. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass sie die Op ohne Komplikationen schafft. Aber das muss sie ganz einfach. Wir haben ohne Zweifel Angst. Aber es muss gut gehen.

Tja, an diesem Punkt stehen wir also. Merkwürdigerweise finden wir uns so nach und nach mit den neuen Umständen ab, suchen nach den positiven Körnchen. Ein solches ist beispielsweise, dass dieser kleine Tumor überhaupt entdeckt worden ist. Bei dem Befund, den wir am 25.06. erhielten, handelte es sich nämlich nicht um einen Irrtum oder darum, dass jemand vorschnell gehandelt hat. Nein, die MRT-Aufnahmen vom Juni waren als in Ordnung bewertet worden und dies wurde somit in Heidis Krankenblatt eingetragen. Es ist eher einem Zufall zu verdanken, dass irgendein alter Hase die Aufnahmen aus irgendeinem Grund (?) noch mal studiert und dabei die Veränderung festgestellt hat. Abgesehen von dem tiefen Fall, der uns durch die abrupte Änderung des Befundes beschert worden ist, könnte man das Entdecken des Tumors eher als glücklichen Tatbestand sehen. Was, wenn Heidi bis Dezember mit diesem neuen Tumor herumgelaufen wäre? Im Moment wissen wir nicht, ob irgendwelche Tumore in Heidis Rückgrat sitzen, d.h. ob sich der Krebs irgendwie ausgebreitet hat. Dies war im April jedenfalls nicht der Fall. Bei einer MRT, die kurz vor der bevorstehenden Op gemacht werden soll, kann man dies hoffentlich ausschließen.

Dass der Tumor in dem Gebiet gewachsen ist, wo der erste große Klumpen war, ist übrigens auch ein guter Umstand.

Dass Kinder im Allgemeinen und unsere wunderbare Tochter im Besonderen überhaupt gegen Krebs kämpfen muss, ist natürlich eine der größeren Ungerechtigkeiten in diesem Leben... Aber wir werden kämpfen. Haben wir eine andere Wahl?


16. JULI 2008

Mittwoch, den 16. Juli 2008
Die Tage vergehen, ohne dass wir schlauer geworden sind. Anfang der Woche sollten wir die Meinung des Chirurgen erfahren, ob eine Operation denn überhaupt möglich sei. Das Warten ist nervenzerreibend. Gestern telefonierten wir mit der Krankenschwester, die für den Kontakt zwischen Ärzten und Patienten verantwortlich ist, aber da hatte sie noch keine Neuigkeiten. Wir sollten heute wieder voneinander hören, aber auch heute hatte der Chrirurg noch keine Möglichkeit gehabt, die MRT-Aufnahmen zu studieren. Angesichts der Entwicklung des Tumors, mit anderen Worten, dass er sehr langsam zu wachsen scheint, sollte es allerdings nicht so extrem dringend sein zu operieren.
Wo stehen wir heute? Zum einen mussten wir unseren Campingplatz in Mölle verlassen, da unser Platz an einen anderen Camper vergeben war. Also zogen wir eine Autostunde weiter nördlich, da es ja kaum glaubhaft schien, dass diese Woche noch operiert werden würde. Leider ist das Wetter nun am Aufgeben. Für die nächsten Tage erwarten uns kühle Temperaturen und den einen und anderen Regenschauer. Schade! Wir haben nämlich nur einige Fahrradminuten von unserem Wohnwagen entfernt einen richtig schönen Strand. Na ja, wir werden sehen.
Morgen sollen wir noch einen Anruf bekommen. Ich kann mir aber kaum denken, dass der Chirurg bis morgen aus dem Knick kommt. Es scheint eher so zu sein, dass man die urlaubsmässig schwersten Sommerwochen abwarten wird, bis etwas geschieht. Das hätte man uns ja auch vorige Woche mitteilen können, statt das Ganze auf dieses Art hinzuziehen und uns einen Haufen Stress und Grubbelein zu verpassen. Von Urlaubsgefühlen haben wir nämlich noch nichts gemerkt. Wir wandeln irgendwie wir Falschgeld durch die Gegend und versuchen, Heidi zu verwöhnen...






11. JULI 2008

Freitag, den 11. Juli 2008
Am Dienstag Abend erreichte uns nun ein weiterer Anruf des Kinderneurologen Doktor Johan. Das Tumörteam hatte getagt und Heidis Fall besprochen. Es ist nun bestätigt, dass in Heidis Kopf in dem Hohlraum, wo der erste Tumor herausgeschnitten worden war, ein neuer Tumor gewachsen ist. Auf den Bildern vom 18. Juni ist ein kleiner Punkt zu sehen. Auch auf den Bildern vom Dezember und April ist diese Veränderung sichtbar, aber da hat man sie leider noch nicht als Veränderung deuten können. 
Dass wir am 25. Juni den guten Befund erhielten, begründet man damit, dass die Radiologen auf den ersten Blick erst mal nichts gesehen hatten. Erst nach weiterer näherer Betrachtung kam man zu der Erkenntnis, dass nicht alles beim Rechten war. Auf diese Weise hat man uns noch einen Haufen Stress und Schmerz bereitet. Es ist unverständlich, warum man uns nicht warten liess, bis die Bilder wirklich ordentlich ausgewertet worden waren. Man hat uns ganz einfach einen Befund mitgeteilt, der weder Hand noch Fuss hatte. Katastrophalt.
Was nun als nächster Schritt kommt, ist derzeit noch nicht klar, da der Chirurg, der Heidis bisherige Operationen durchgefüht hat, im Moment auf Urlaub ist. Das Problem könnte nämlich sein, dass er wegen der minimalen Grösse des Tumors nicht operieren kann. Er könnte den Punkt ganz einfach nicht finden und wüsste nicht, wo etwas weggeschnitten werden soll. Die Antwort auf diese Frage erwarten wir Anfang nächster Woche. Wenn der Chirurg einer Operation zustimmt, könnte diese schon Ende nächster Woche vom Stapel laufen.
Einstweilen befinden wir uns auf einem Campingplatz 1 1/2 Autostunden von zu Hause entfernt. Eigentlich wollten wir heute weiter der Westküste entlang Richtung Norden fahren, aber angesichts der neuen Tatsache sahen wir keinen Sinn darin, noch weiter hochwärts zu ziehen, wenn wir in einigen Tagen schon auf die Kinderneurologie müssen.  
Heidi geht es gut und sie geniesst den Urlaub. Die Nachricht, dass sie eventuell wieder operiert werden muss, nahm sie ziehmlich ruhig hin. Sie wurde nicht traurig, aber man sah ihr doch an, dass sie sich Gedanken machte. Sie ist stark und sie wird es schaffen. Wir verlassen uns auf unser Mädchen.
 

6. JULI 2008

Sonntag, den 6. Juli 2008

Unsere schwedischen Blogg-Leser werden immer etwas früher informiert, was es bei uns an Neuigkeiten gibt. Meistens schaffe ich es nicht sofort, auch auf deutsch zu schreiben. Jedenfalls konnten wir am 25. Juni eine frohe Botschaft verkünden, die wir aber einige Tage später bestürzt wieder zurücknehmen mussten. Ich fange am besten  von vorn an.
Also: am Mittwoch, dem 18. Juni, waren wir mit Heidi zur MRT. Alles ging recht gut über die Bühne und Heidi war ein tapferes Mädchen. Nach wie vor wird die MRT in Vollnarkose gemacht und nur das ist ja zumindest bei kleineren Kindern doch ein Akt für sich. An diesem Tag durfte ich auch zum ersten Mal seit über zwei Jahren auf die Haut über Heidis Port Betäubungssalbe auftragen. Das soll helfen, den Einstich der doch ganz schön grossen Nadel nicht so spüren.
Dann war bei uns in Schweden erst mal Mittsommer. Auch im Gesundheitswesen. Darum mussten wir eine Woche auf den Befund warten. Es war eine schwere Woche. Im Normalfall versuchen wir ja, uns nicht allzu sehr über unser Schicksal zu beklagen, aber das Warten war dieses Mal sehr anstrengend. Zum einen ist nun ein ganzes Jahr seit Beendigung der Chemotherapie vergangen. Ein Jahr, das dieses böse Epemdymom voll ausnutzen könnte, um wieder aufzukeimen. Zum anderen stand dieses Mal irgendwie mehr auf dem Spiel. Abgesehen von all dem, was ein Rückfall bedeuten würde, hatten wir grosse Angst, dass Heidi vor unserem Sommerurlaub eine dritte Operation über sich ergehen lassen müsste. Was für einen langweiligen Sommer sie dann hätte, schon wieder. Das war wirklich ein unangenehmer Gedanke. Wir leben ja einen Tag nach dem anderen, machen kleine Etappen und jetzt sehnen wir uns ganz einfach nach einem ganz normalen Sommer, einem Sommer ohne alle diese Einschränkungen.



Neulich waren wir eine kleine Runde mit dem Wohnwagen unterwegs. Da hat Heidi sich stark gewundert, als sie mehrere Male hintereinander und fast so lange, wie sie wollte, baden durfte. Aus dem Wasser gekommen, ging es dann ungefähr so: "Mama.................? Papa...............? Darf ich, eh, ja, eh, darf ich dann vielleicht, eh, nochmal baden?" Viel Hoffnung lag da nicht in ihrer Stimme. Und wir antworten ihr so ganz locker und selbstverständlich: "Na klar. Freilich kannst du dann nochmal baden." Glücklich. Das ist Glücklichsein für uns.




Mittsommer feierten wir mit unseren Freunden Johan und Helena und deren kleinem Mäuschen Linn. Die Zerstreuung tat uns gut. Eine Woche auf der Streckbank, das war hart. Es gab nur ein Thema, sobald Heidi im Bett war. Welche Chancen hat sie, wie die Prognose ist, was wir gehört haben, wie es A und B ergangen ist usw. Immer wieder dasselbe Thema, Abend für Abend.
Am Mittwoch sollte Jan telefonisch über den Befund unterrichtet werden. Der arme Jan... Er hat immer die schwere Aufgabe, diese Gespräche entgegenzunehmen. Spät am Nachmittag kam sie jedenfalls, die positive Nachricht. Wir waren völlig verdattert und superfroh und es dauerte mehre Tage, bis wir die Reichweite richtig erfassten. Mein Gott - kein neuer Tumor, es geht ihr gut, sie kriegt ihren Sommer, im August kann sie wie geplant die Vorschule beginnen! Die Freude war riesig. Die nächste MRT würde erst in sechs Monaten stattfinden. Super. Sechs Monate Freiheit. Keine echte Freiheit, aber immerhin. Wir wissen ja, dass wir nie richtig frei sein werden. Aber jeder Tag seit Heidis schrecklichem Krampfanfall im November 2005 und der schweren Operation zwei Wochen später ist für uns wie ein Geschenk. Sollte der Krebs eines Tages wirklich gewinnen, haben wir jedenfalls diese Zeit mit Heidi gehabt. Aber es kann ja gut gehen. Wir werden nie sagen können, dass die Gefahr vorbei ist. Trotzdem bedeutete dieser gute Befund einen grossen Schritt nach vorn und weg vom Krebs. Es ist ein tückischer Weg. Aber es kann gut gehen.
So weit, so gut. Bis am Montag Abend das Telefon klingelte und alle Träume in Luft aufgingen. Der Kinderneurologe Doktor Johan erklärte mir, dass es auf den MRT-Bildern Schatten gäbe, die da nicht sein sollten. Die Schatten befinden sich da, wo sich der Tumor befunden hatte. Das Merkwürdige und für uns völlig Unbegreifliche ist, dass man nun festgestellt habe, dass dieser Schatten auch auf den Aufnahmen von April und Dezember, aber nicht von September (07)  zu sehen sei. Die Frage ist eindeutig: Warum reagiert man dann erst jetzt auf diesen Schatten und nicht schon, als man die Aufnahmen von September und Dezember verglichen hat?
Alles steht nun wieder auf dem Kopf. Herz und Seele schmerzen.
Nächsten Dienstag wird man Heidis Fall auf der sog. Tumorkonferenz auf dem Tisch haben und bis dahin müssen wir warten, bis wir weitere Details bekommen und erfahren, wie es dieses Mal weitergeht. Wir schreiben dann wieder und versuchen so lange, die Nase über Wasser zu halten....



                          


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