RÜCKBLICK - JULI 2006

Samstag, den 1. Juli 2006
Heute Nachmittag war Heidi bei ihrer Freundin Matilda. Laut Mama Marlene waren die Kids total wild, holten durch den ganzen Garten Anlauf, um mit einem riesigen Satz im aufgeblasenen Pool zu landen. Das hat solchen Spass gemacht! Marlene andererseits hatte riesigen Spass daran, Heidi dabei zu beobachten, wie sie beim Springen krampfhaft versuchte, ihre Perücke auf dem Kopf festzuhalten. Tja, ist alles nicht so einfach mit Perücke.

Sontag, der 2. Juli 2006
Blutprobe am Vormittag, unser kleiner Sonntagsausflug nach Lund... Leider ging es heute richtig schlecht. Heidis Tapferkeit war am Boden, während Jan und ich wegen der mangelhaften Fertigkeit der Schwester an die Decke gingen. Wie immer vor einer Blutprobe saß Heidi gespannt wie eine Feder da. Nicht so komisch, der Einstich tut ja ein bisschen weh, auch wenn der Schmerz schnell vorbei geht. Weder die erste noch die zweite Lanzette, die die Schwester mit hatte, funktionierte. Sie musste noch mal los laufen, um eine neue zu holen. Da hatte Heidi schon genug. Als der Stich endlich vorüber war, dauerte es ewig, das Blut aufzufangen. Das bisschen, was im Röhrchen landete, schüttet die Schwester auch noch aus. Dann gerann das Blut und die Probe war dahin. Die Schwester unterbrach das ganze Theater, um neues Zeug zu holen. Neuer Stich, quetschen und drücken... Dauerte es 20 Minuten oder gar eine halbe Stunde? Wir waren rasend. Jan ging in kleinen Kreisen, ununterbrochen mit dem Kopf schüttelnd, sprachlos und traurig. Ich tröstete Heidi und fluchte laut, wenn auch durch zusammengebissene Zähne. So eine Katastrophe! Nun war Heidi beim Blutnehmen so weit gekommen und plötzlich war alles wieder kaputt. Wie schade! Wie kann man nur auf einer Station arbeiten, wo solche Proben gang und gäbe sind und so tolpatschig sein. Unbegreiflich!
Endlich zu Hause gab es zum Glück einen Trost: Kigafreund Felix wartete sehnsüchtig auf unseren Anruf, so dass die beiden spielen könnten.Am Nachmittag warteten wir auf einen Anruf von der Klinik. Sollen wir packen oder nicht? Eine Chemo über mindestens fünf Tage, da wüsste man gern rechtzeitig Bescheid. Wir müssen unsere Arbeitszeiten zusammenpusseln, einer von uns ist ja immer bei Heidi. Sachen und Essen und alles Mögliche rundherum müssen vorbereitet werden. Erst um fünf kam der Anruf. Ja, die Chemo geht trotz weiterhin niedriger Blutblättchen vom Stapel. 

Montag, den 3. Juli 2006
Chemo Nr. 10. Wie immer werden Gewicht und Grösse kontrolliert. Und ja - Heidi hat zugenommen - ein halbes Kilo (seit Dezember 2005)!
Die Nadel in Heidis Port zu kriegen ist schwer. Nach der letzten Blutprobe haben  wir nichts anderes erwartet. Aber es geht recht schnell und nach einer Weile hat Heidi sich beruhigt. Nun kommen vier Stunden Prähydrierung, um Heidis Ph-Wert zu erhöhen. Von Anfang bis Ende dieser Chemo wird jeder Tropfen Urin gesammelt. Manchmal kommen 900 ml in sechs Stunden. Da könnt ihr euch vorstellen, was das für ein Gerenne mit dem Topf ist... Vor allem, wenn man versucht, sich ein bisschen zu bewegen und nicht nur auf der Station ist. Ausserdem warnt Heidi nicht allzu zeitig, dass sie auf Toilette muss. Das ist also eine Geschichte für sich, kann ich euch sagen. Gegen fünf wird Heidi an das Gift, Metothrexat, angeschlossen. Die Infusion dauert 24 Stunden. Gegen Abend wird Heidi müder als sonst und schläft schon um sieben ein.

Dienstag, den 4. Juli 2006

Heidi erwacht und scheint etwas mürbe zu sein. Sie isst so gut wie nichts, sieht fern, spielt. Es geht ihr nicht gut, sie bekommt mehr "Anti-Übelkeit-Medizin", bricht trotzdem. Am Nachmittag geht es ihr besser und sie ist guter Laune. Zum Glück! Heidi soll nämlich zum Hörtest. Da muss sie Türme bauen, für jeden Ton, den sie hört, legt sie ein Klötzchen auf den Stapel. Einfach und schmerzfrei, das weiss sie vom letzten Mal. Schön!
Mama ist auf Arbeit und Tim ist gekommen, um Heidi zu sehen und Papa zu unterstützen. Das Gebäude, wo der Hörtest gemacht wird, liegt ein Stück von der Kinderklinik entfernt, und dahin soll Heidi. Mit dem ganzen Drum und Dran, sprich Infusionsständer. Wegen des Risikos, die Haut zu schädigen, dürfen weder Gift noch Heidis Haut der Sonne ausgesetzt werden. Sie findet es lustig, sich unter ihrem Regenschirm zu verstecken. Sowohl Transfer als auch Hörtest gehen gut. Seit Chemo Nr. acht waren wir unruhig, dass Heidis Ohren gelitten hatten, eine typische Nebenwirkung von "Giftmischung Nr. 4" der Serie (Cisplatin). Aber Heidi hatte neulich auch eine Ohrenentzündung und es war wohl die, die ihr ständiges Was? und Wie? verursacht hat.
Am Nachmittag wird eine Blutprobe entnommen, um die Metothrexatkonzentration im Blut zu kontrollieren. Diese Probe wird alle sechs Stunden entnommen. Der Wert soll unter 0,2 sinken, bevor man nach Hause fahren darf. Das dauert vier bis sieben Tage. Vor jedem neuen Ergebnis sind wir ein bisschen unruhig - wir wollen ja so schnell wie möglich nach Hause kommen. Der Wert kann prima sinken, um dann ganz unerwartet wieder zu steigen und man muss noch da bleiben. Heidi zählt immer die Nächte, die sie im Krankenhaus schlafen muss. Da passt sie scharf auf. Was sagt man ihr nun? Vier bis sieben Nächte??

Mittwoch, den 5. Juli 2006
Heute Nachmittag erwarten wir Besuch, super! Heidi war so froh, als sie hörte, dass Matilda kommen würde und informierte die halbe Klinik darüber. Matilda kam zusammen mit ihrer Nachbarin Maja. In der "Spieltherapie" der Kinderklinik spielen wir mit Barbies und nehmen Papa Robban jede Menge Blut ab. Obwohl das Wetter wunderschön ist, muss Heidi drinnen bleiben. Schade, findet Heidi aber meckert nicht. Sie beginnt, alles viel besser zu verstehen...
Als die Kinder nach Hause fahren. ist Heidi total erschöpft. Kaum etwas zu essen, starke Chemo - wieder einmal war ihr Wille ihre Energiequelle.

Donnerstag, den 6. Juli 2006
Die Sommerwärme lockt. Heidi will draussen spielen. Gut, aber wir müssen sehr vorsichtig sein. Keine Sonne! Heidi spielt im Sandkasten und jedes Mal, wenn sie auch nur den grossen Zeh ausserhalb des Schattens des grossen Sonnenschirms hat, reden wir auf sie ein. So ein Elend.
Am Nachmittag bekommen wir einen heiss ersehnten Bescheid: Unser nagelneuer Wohnwagen ist endlich gekommen! Ende Juni sollte er kommen und nun hatten wir gewartet und gewartet.
Die Metothrexatkonzentration in Heidis Blut sinkt stetig und wir hoffen, dass wir bald nach Hause können. Als die Schwester kurz nach Mitternacht herein kommt und den Spültropf abschaltet, bin ich trotzdem überrascht. Schon? Oh, wie herrlich! 

Freitag, den 7. Juli 2006
Jetzt brauchen wir nur noch packen und die Nadel aus dem Port kriegen. Das geht recht gut, Schwester Sofia ist schnell. Danach plappert Heidi wie ein Wasserfall. Ihre Erleichterung, wieder eine Runde geschafft zu haben, ist gross. Nun fahren wir nach Hause! Das klingt wie Musik in Heidis Ohren und sie tanzt und hüpft durch den Korridor.
Zu Hause versuchen wir, schnell das Wichtigste zu erledigen, um dann den Wohnwagen abzuholen. So ein Prachtstück, unser Hobby! Auf den knapp 14 qm gibt es das Meiste. Heidi ist von ihrem Kinderzimmer entzückt, zu dem sie die Tür schliessen und für sich sein kann. Wir sind ganz von unserem Doppelbett mit ordentlichen Federkernmatratzen angetan. Keine Sitzecke, die am Abend zum Bett umfunktioniert werden muss, einfach nur umfallen und schlafen - herrlich! So sauber und praktisch alles ist, die Küche, die Waschecke, die Toilette - wir sind total begeistert. Jetzt können wir jederzeit auf Miniurlaub fahren, genau dann, wenn es uns passt. Der Wohnwagen wird stets auf unserem Grundstück bereit stehen, wenn wir von der Klinik nach Hause kommen, perfekt.
Heidi liebt das Wohnwagenleben und will schon heute Abend in ihrem neuen "Zimmer" schlafen, zu Hause auf dem Grundstück, wohlgemerkt, aber sie ist so aus dem Häuschen und kann nicht einschlafen, darum ziehen wir diese Nacht wieder ins Haus zurück. 

Samstag, den 8. bis Montag, den 10. Juli 2006
Stattdessen beladen wir den Wohnwagen am nächsten Tag mit allerlei Schleckerein und Nützlichem und fahren an den Strand nach Lomma. Heidi, die nicht gern lange Auto fährt, braucht sich keine Sorgen zu machen. Im Handumdrehen sind wir da, nur 20 Minuten Fahrt. Die drei Jogginganzüge im selben Modell und in derselben Farbe, so wie es sich für ordentliche Camperfamilien gehört, haben wir uns noch nicht angeschafft. Aber trotzdem verbringen wir einige schöne Tage mitten in der Natur.
Heidi, der es den Umständen entsprechend sehr gut geht, ist froh und munter und geniesst gemeinsam mit uns das freie Leben. Es macht den Eindruck, dass ihre Schleimhäute in einem schlechten Zustand sind. Wenn sie gross macht, kommt ein bisschen Blut, sie übergibt sich auch ein Mal, hat Entzündungen im Mund. Nach einer Metothrexatbehandlung ist Fieber nicht ungewöhnlich, aber Heidi bleibt bei ihren 37 Grad.
Vom ersten Campingausflug des Jahres wieder zu Hause, erledigen wir das Allernotwendigste im Haus und fahren dann zur Schwimmhalle. Tim ist dabei, was den ganzen Nachmittag richtig toll macht. Zu Hause sieht es aus wie nach einem Bombenangriff, aber was soll's...
Morgen geht es nach Kristianstad (ca. 100 km), wo wir ein Open-Air-Konzert mit Heidis Lieblingssängerin Carola besuchen wollen. Aber Heidi weiss noch nichts von ihrem Glück. Wir trauen uns nie, irgendwelche Pläne im Voraus zu verraten. Stellt euch vor, wenn sie Fieber bekommt und statt Carola Klinik angesagt wird. Heidi und nicht zuletzt wir wären so enttäuscht. Erst wenn wir im Auto sitzen, können wir dsas Geheimnis lüften, wohin wir fahren. Und das wird auch Spass machen.

Dienstag, den 11. Juli 2006
Der grosse Tag! Carola live. Wir freuen uns auf den Abend, auch wenn der Rest der Familie die Stones, Neil Young oder Guns N' Roses vorgezogen hätte. Aber nichts geht darüber, Heidi glücklich zu machen. Der Wohnwagen wird angehängt und auf geht es nach Kristianstad. Nach einer guten Stunde sind wir auf dem Campingplatz. Heidi nutzt die Gelegenheit, Tim auf den Spielplatz zu ziehen. Alles wird perfekt, wenn der grosse Bruder dabei ist. Dann fahren wir mit dem Bus in die Stadt, auch ein Erlebnis, wann fährt man schon mal Bus. Das Glück erreicht weitere Höhen als Heidi in der Stadt die Karuselle entdeckt. Sie bummelt über den Rummelplatz und hält nach den etwas aufregenderen Attraktionen Ausschau. Schnell soll es gehen, sagt sie. Nur der Anblick der Todesmaschinen, auf die sie zeigt, dreht uns den Magen um...
Viertel vor sieben stehen wir vor der Freilichtbühne. Zuerst kommt allerdings eine Vorgruppe und wir trösten Heidi die ganze Zeit: gleich, gleich, gleich... Oh, wir warten und warten. Es wird halb neun. Carolas spritziger Aufmarsch ist beeindruckend. Heidi scheint nicht richtig zu begreifen, was da eigentlich los ist. Sie sitzt auf Papas Schultern und sieht sehr nachdenklich aus. Vielleicht fragt sie sich nun, ob nicht auch Fix und Foxi demnächst in echt auftauchen.


Nach fast zwei Stunden auf ein und demselben Fleck ist Heidis Geduld so gut wie erschöpft. Sie braucht eine Runde zum Spielplatz. Am Ende der Vorstellung singt Carola ihr Lied  "Ewigkeit" - umhüllt von ihrer flatternden, super chicken blauen Tunika, ein Anblick, den Heidi nicht nur gern hat, sondern rein vergöttert. Toll! Ein herrlicher Tag.

Mittwoch, den 26. Juli 2006 - wegen Urlaub geschlossen

Wir haben lange nichts geschrieben, hatten in letzter Zeit zu viel anderes um die Ohren... Gäste, Klinik und Touren mit dem Wohnwagen, wir hatten ganz einfach keine Zeit zum Schreiben. Alles ist einigermassen unter Kontrolle.

Freitag, den 14. bis Montag, den 17. Juli 2006
Heidis Kusinen Hanna och Elin, Mama Christina und Papa Peter aus Vara sowie Oma Greta aus Vänersborg (beide Orte ca. 400 km von uns entfernt) kommen zu Besuch. Einige wunderbare Tage für Heidi. Das Warten war schrecklich. Es ist so lange her, dass sie die Verwandtschaft gesehen hat. Die Kinder sind sofort im Gange und spielen.
Am nächsten Tag knallt die Sonne wieder erbarmungslos, nichts für Heidis empfindliche Haut. Darum fahren wir alle in die Schwimmhalle. Herrlich - hier sind kaum Leute und sowohl Kinderpool als auch Schwimmbecken haben wir fast für uns allein.



Am Sonntag spielen wir im "Bokskogen" auf der Abenteuerbahn und am späten Montagnachmittag fahren wir ans Meer und gönnen uns ein paar Stunden am Strand. Am Abend fahren unsere fünf Gäste wieder ab. Eigentlich wollten sie bis Dienstag bleiben, um Heidi in der Klinik Gesellschaft zu leisten, aber die Chemo wird wieder mal verschoben. Die Blutbrobe vom Vormittag in Staffanstorps Labor ging richtig gut, aber die neutrophilen Granulozyten waren nur 0,67 (sollen zwischen 1,5 und 8,0 liegen).
Die Verschiebung führt etwas Gutes mit sich. Die für nächste Woche angesetzte MRT von Schädel und Spinalkanal (Wirbelsäule) könnte dann gleich mit der Chemo verbunden werden. Die MRT erfordert eine Vollnarkose, also muss die Nadel in den Port und die hat Heidi ja bei der Chemo sowieso. Schön, wenn ihr eine Nadel erspart bleiben kann. Das ist ja nach wie vor eine harte Sache.

Dienstag, den 18. bis Samstag, den 22. Juli 2006
Die Ärzte sind gnädig und erlauben uns, mit dem nächsten Blutabnehmen bis Sonntag zu warten. Darum machen wir eine weitere Tour mit dem Wohnwagen, dieses Mal zum Ringsjön (Binnensee, ca. eine Autostunde entfernt). Unseren Wohnwagen stellen wir strategisch perfekt neben den Spielplatz und Heidi geniesst ihre Freiheit. Sie spielt mit einem anderen Mädchen, Moa aus Källby, vom Wohnwagen neben uns. Schade, dass Moa schon am nächsten Tag abfahren muss.
Es ist Hochsommer - die Tage sind regelrecht heiss, die Luft steht still, die Sonne brennt schonungslos. Heidi meckert und bettelt - sie will zum See. Aber wir trauen uns das erst zum Abend hin. Heidi muss das ewige "Das geht leider nicht" so satt haben. Die Arme... Sie gibt sich zufrieden, als wir ein kleines, aufblasbares Pool kaufen, in dem sie unter dem schützenden Sonnendach des Wohnwagens planschen kann.
Es geht ihr rundherum ziehmlich gut und sicher ist es nur ihre etwas merkwürdige Frisur, die die Leute reagieren lässt. Nur im Nacken sind nämlich noch ein paar Haarsträhnen übrig, 10 cm lang und etwas dunkler als sonst. Den Rest des Kopfes bedeckt ein dünnes, helles, daunenweiches Babyhaar, das in den letzten Wochen gewachsen ist. Das bedeutet sehr viel für Heidi und immer öfter lässt sie ihre Perücke auf dem Ständer hängen. Und dann erzählt sie eingiebig von einer Zeit ohne Chemo, wenn das Haar wieder lang wird. Wir streicheln ihren Kopf so gern, mit und gegen den Strich, fühlen das weiche Haar... So wunderbar. Auch wenn das Haar im Grossen und Ganzen ziehmlich unbedeutend ist, kann man es doch nicht richtig verdrängen, dass es ein Zeichen von Gesundheit und Wohlbefinden ist. Wie man die Sache auch dreht und wendet, sehen die Krebskinder mit ihren kleinen blanken Glatzköpfen immer irgendwie krank aus.

Sonntag, den 23. Juli 2006
Auf dem Heimweg machen wir wegen einer Blutprobe an der Klinik halt. Zwei Stunden später erfahren wir, dass das Blut wieder mal geronnen ist. Heute gibt es also keine Blutwerte. Bei Marita im Labor in Staffanstorp ist in allen Jahren nicht eine einzige Probe der Tausend und aber Tausend verdorben. Man fragt sich... Logisch, dass man sich über so was aufregt. Für uns bedeutet das, dass wir morgen zur MRT in die Klinik fahren, ohne zu wissen, ob es danach mit der Chemo weitergeht oder nicht.
Wir wissen ja sowieso nie, was in den nächsten Stunden passiert. Es wäre schön, ein bisschen mehr planen zu können, wenn es rein praktisch möglich ist. Wie sollen wir Heidi nun wieder auf die Klinik vorbereiten? Vielleicht wird es so oder auch so... Blöd. Das geht so vollständig gegen unsere pädagogischen Prinzipien von klaren Regeln innerhalb eines deutlich begrenzten Rahmens. Kann man alles vergessen. Mist!
Am Abend können wir nicht einschlafen. Die Unruhe kommt schleichend. Was wird die MRT dieses Mal ergeben? Es muss ganz einfach gut sein. Der Magen zieht sich zusammen... Na ja, morgen werden wir sowieso nichts erfahren. Es dauert immer eine Zeit, bis die Ärzte mit den Befunden rausrücken.

Montag, den 24. Juli 2006
Wir fahren zur Klinik. Als Heidi neulich ihre Transfusion bekam, bot sich die erfahrene Schwester der ambulanten Krebsstation an, sich Heidi oder besser gesagt, dem Prozess Nadel in den Port, anzunehmen. Vielleicht eine Möglichkeit, dass es so nach und nach besser gehen kann, wenn es immer diesselbe Person macht, meinte Viveka. Das klang gut, fanden wir. Ausserdem haben die andere Nadeln, die irgendwie besser sind und mit denen alles noch schneller geht. Aber nun ist Viveka auf Urlaub. Darum übernimmt ihre Kollegin Karin den Job. Eine von Heidis Lieblingsschwestern der Krebsstation ist mit dabei und auch wenn Heidi wie gewöhnlich auf alle Art und Weise protestiert, ist alles in einigen Minuten erledigt.
Heute wiegt Heidi 18,6 kg und wir jubeln - sie hat ein weiteres Pfund zugenommen.
Viertel vor zehn rollen wir zur MRT. Nicht dahin, wo wir sonst immer waren, weswegen also auch ganz neue Gesichter auftauchen. Wir erklären dem Personal eingehend, wie Heidi zu behandeln sei: Zieht ihr nicht das hässliche Klinikhemd an, bevor sie schläft, vergesst die Nuckel nicht! Das Personal ist voll dabei. Heidi ist auch ohne das gängige Beruhigungsmittel (was man nie in Heidi rein kriegt) völlig entspannt und schläft friedlich ein. Sie ist so tüchtig!
Um eins werden wir zur Aufwachstation gerufen und nach einer Stunde sind wir auf der Krebsstation, wo die Chemo nun doch auf Heidi wartet, obwohl ihre neutrophilen Granulozyten schlecht sind. Nummer 11 von 28. Einen Schritt weiter.

Dienstag, den 25. Juli 2006
Nach einer sehr unruhigen Nacht erwacht Heidi nicht besonders ausgeruht. Sie hat Bauchweh, ihr ist schlecht, sie bricht. Bekommt mehr "Anti-Übelkeit-Medizin". Doktor Helena kommt mit einem unerwarteten MRT-Befund. Ich will es eigentlich fast nicht hören. Komisch, da ich ja sonst nicht der Typ bin, der den Kopf in den Sand steckt. Kurz und knapp erklärt sie, dass wohl kein neuer Tumor gewachsen ist, aber am Rand des Gebietes, wo Heidi operiert worden ist, sieht man noch irgendwas. Kann eine noch nicht verschwundene Gewebsirritation sein. Die Bilder bedürfen näherer Analyse. Freilich taucht da die Frage wieder auf: Kann es wieder ein Tumorrest sein? Aber weder Jan noch ich fragen weiter. Man kriegt so eine Angst. Einen endgültigen Befund beommen wir bei der nächsten Chemo. Solange werden wir die unruhigen Gedanken so gut wie möglich verdrängen und unser jederzeit quietschvergnügtes und unternehmungslustiges Mädel geniessen. 

Mittwoch, den 26. und Donnerstag, den 27. Juli 2006
Heute schmecken weder Essen noch Milch. Und wir dachten, dass die "Drei" die Chemo mit den geringsten Neben- und Nachwirkungen sei. Am Nachmittag fahren wir nach Beddingestrand, natürlich mit dem Wohnwagen. Als wir ankommen, geht es Heidi schlecht  und sie bricht ordentlich. Wir spielen eine Stunde am Strand, danach ruht Heidi sich aus und schläft ein. Sie fühlt sich warm an und ja, sie hat Fieber. Was sollen wir tun? Bleiben und abwarten? Das finden wir nicht so gut. Bei 38,5 müssen wir ja in die Klinik.
Dummerweise sind die Batterien im Fieberthemometer schwach. Geht es dann mitten in der Nacht plötzlich nicht mehr, stehen wir da. Besser, wir fahren zurück nach Staffanstorp, wechseln die Batterien, schlafen zu Hause und sind der Klinik etwas näher. Der Wohnwagen bleibt auf dem Campingplatz.
Um acht sind wir zu Hause. Heidi kämpft wie verückt, etwas Wasser zu trinken, aber übergibt sich wieder. Von einer Tablette gegen Übelkeit will sie nichts wissen. Braucht sie nicht, behauptet sie. Stattdessen will sie Hamburger essen. In Windeseile verschwindet dieser in Heidis Bauch. Sie erholt sich, bricht nicht mehr. Das Fieber bleibt auf dem selben Stand. Vielleicht brauchen wir doch nicht in die Klinik? Die Nacht wird unruhig, ich verfolge jeden Atemzug, messe die ganze Zeit Fieber. Am Vormittag ist Heidi fieberfrei. Super! Heidi schafft es. Welche Erleichterung! Wir packen das Fieberthermometer mit den neuen Batterien ein, nehmen auch noch Tim mit und in einer Stunde sind wir auf dem Campingplatz zurück. Back on track, sozusagen.

Freitag, den 28. - Sonntag, den 30 Juli 2006

Wir sind in Ystads Tierpark. Heidi ist von den Kamelen beeindruckt und Tim macht hunderte Bilder von den Tieren. Heidi und Tim sitzen lange bei den Kaninchen, füttern und streicheln sie. Ein schöner Familientag.

 


Nur Heidis Appetitlosigkeit macht uns Sorgen. Nicht mal ein Hamburger von McDonalds lockt sie. Nein, sie will Hähnchenkeule à là Mama essen, mit viel Gewürzsalz gebraten. Kann sein, dass sich der Geschmack des Salzes trotz Chemogifte nicht so verändert. Hähnchenkeulen hat Heidi nun seit Wochen gegessen. Jeden Tag, manchmal zwei Mal pro Tag.



Am nächsten Tag haben sich Helena und Johan bei uns angesagt. Heidi mag die beiden sehr und fragt stundenlang ungeduldig, wann es endlich so weit ist. Sie bekommt ein Geschenk, das sie aber erst öffnet, nachdem sie eine Menge ihrer Spielsachen vorgeführt hat. Kinder...
Am Sonntag fahren wir nach Hause. Heidi will Linnea anrufen, die sie lange nicht gesehen hat. Die beiden spielen den ganzen Nachmittag zusammen.

Kommentarer

Kommentera inlägget här:

Namn:
Kom ihåg mig?

E-postadress: (publiceras ej)

URL/Bloggadress:

Kommentar:

Trackback
RSS 2.0