9. JUNI 2009
Dienstag, den 9. Juni 2009
Am Sonntag kamen wir, wie geplant, um 18 Uhr in die Klinik. Die Nadelgeschichte war wieder sehr schlimm, aber Heidi erholte sich schnell und war den Rest des Abends recht guter Laune. Der Neurochirurg Dr. Peter kam vorbei und meinte, dass die Operation kein Problem und nach ca. 4 Stunden vorbei sein würde. Trotz allen Ängsten stimmte uns das doch relativ optimistisch.
Am Montag war Heidi leider erst Nummer zwei in der OP-Planung. Gegen 11, 12 sollte sie dran sein. Der Vormittag wurde lang. Heidi wachte zeitig auf und dann passierte, wie immer, gar nichts. Hungrig und total ans Bett gebunden (fertig OP-geduscht usw.) war es nicht so leicht, sich die Zeit zu vertreiben. Wir mussten dann noch bis halb zwei warten. In dem grossen Op-Saal zwischen all den neuen Schwestern und allerlei komischen Vorbereitungen, die da im Gange waren, blieb Heidi ertsaunlich ruhig und gelassen. Um 14 Uhr schlief sie dann und kurz nach sechs durften wir sie auf der Intensivstation wiedersehen. Sehr müde, grosse Schmerzen, schwer, schwer. Den Kopf oder Körper auch nur ein bisschen zu bewegen war schier unmöglich und machte Heidi sehr traurig. Wir konnten auch kaum verstehen, wenn sie etwas flüsterte. Arme, kleine Maus. Der Chirurg kam und sagte, dass er ohne Komplikationen einen Tumor von knapp einem Zentimeter und zwei kleine Pünktchen entfernt hat. Nichts sei schief gegangen, alles sähe gut aus.
Gegen 22.30 Uhr konnte Heidi ihr linkes Bein und den linken Arm nicht mehr bewegen. Es war einfach nichts zu machen und musste unmittelbar untersucht werden. Der Arzt entschied, ein CTG zu machen, um eine eventuelle Hirnblutung aufdecken zu können. Heidi war wirklich nicht in dem Zustand, wieder weggerollt und weiter untersucht zu werden. Sie hatte bei jeder Bewegung schlimme Schmerzen und war ganz unruhig darüber, was nun wieder alles mit ihr gemacht werden sollte. Unsere Beine waren weich wie Knete, als wir uns gegen Mitternacht zum CTG schleiften. Es ist mir ein Rätsel, wie wir Heidi auf die CTG-Pritsche kriegten. Sie hatte solche Angst, weinte, zitterte, alles tat weh, überall diese Strippen und Schläuche, die auch noch mit mussten. Heidi schluchzte, dabei sollte sie doch still liegen. Aber es gelang uns, sie zu beruhigen. Wir erzählten von den Entspannungsübungen, die sie morgens immer in der Schule machten und es klappte. Heidi hörte uns zu, entspannte sich, lag ganz still, hörte auf zu weinen. Mein Gott, sie war so verdammt tüchtig, unsere kleine Heldin!
Das CTG zeigte keine Hirnblutung, wir brauchten Heidi also nicht wieder dem OP-Team übergeben, wie wir befürchtet hatten. Der Chirurg, den man telefonisch konsultiert hatte, konnte sich die Sache nicht erklären. Möglicherweise hatte sie einen kleinen Krampfanfall gehabt, was nach einer Hirn-OP nicht unnormal sei, und deswegen sei die Lähmung eingetroffen. Sie würde sicher bald wieder verschwinden.
Die Zeit verstrich, ich starrte die ganze Nacht auf den Monitor, alles war stabil. Am Vormittag trank Heidi einige Schlucke Wasser. Dann kamen wir zurück auf die Neurologie. Hier bekam Heidi eine Morphiumpumpe, die ihrem Körper regelmäßig kleinere Mengen Morphium zuführt, aber auch eine Knopf hat, den Heidi bis zu vier Mal pro Stunde selbst drücken kann, um noch einen extra Schuss zu kriegen. Die Lähmung verschwand nicht und wenn Heidi den Arm oder das Bein bewegen sollte, wurde sie ängstlich und traurig.
Gegen Mittag teilte uns die Stationsärztin mit, dass für morgen eine MRT geplant sei. Wir meinten, dass es heute viel besser sei, wo Heidi doch sowieso noch nüchtern ist. Einleuchtend, fand man und am Nachmittag ging es wieder auf Tour durch dieses riesige Krankenhaus. Um 16 Uhr war unsere Maus in der nächsten Narkose versunken, dann kriegten wie sie eine Stunde später auf der Aufwachstation wieder und gegen 18 Uhr waren wir wieder im Zimmer. Was für ein Tag. Wir wissen kaum noch, wo wir sind und wie spät es ist. Schlaf - was ist das?
Heidi hingegen hat viel geschlafen, das Morphium hat sie ganz schön auf die Bretter gehauen. Aber gegen 20 Uhr war sie ein bisschen länger wach, und hat sogar einen Keks gegessen. 48 Stunden ohne Essen...
Außerdem guckte sie zum ersten Mal einen kleinen Film. Endlich! Vielleicht kommt sie nun bald wieder zurück. Wir sehen uns nach einem klitzekleinen Lächeln, ihr ahnt nicht, wie sehr. Was sie diese 48 Stunden wieder durchgemacht hat, machen manche ihr ganzes Leben nicht.
Ja, es ist zweifelsohne ein verdammt hoher Preis.
Liebe Andrea,
war lang nicht hier,mir fehlen die Worte..
Liebe Grüße Sven