25. JULI 2007

Mittwoch, den 25. Juli 2007 

Nun sind wir schon mitten in unserer vierten Woche Nomadendasein. Alles ist okay. Heidi mag das Leben im Wohnwagen genau so wie wir. Es geht ihr gut und sie spielt den lieben Tag lang, isst und schläft prima, die Haare wachsen, ihr Gesicht ist rosig und irgendwie sieht sie jetzt rundherum viel pummeliger aus. Manchmal zählen wir die Wochen, die seit der letzten Chemo vergangen sind, geniessen immer noch in vollen Zügen, dass die schrecklichen Klinikaufenthalte vorüber sind.
Wir versuchen nun, Heidis Leben im Allgemeinen und ihre Essgewohnheiten im Besonderen so nach und nach wieder zu normalisieren. Bonbons, wann immer sie will, Eis zum Frühstück und Schokoladenkuchen spät am Abend sind Gewohnheiten, die nicht so einfach auszumerzen sind. In fast einem Drittel ihres Lebens wurde Heidi ständig zu Kalorien überredet, wobei es völlig egal war, woher sie stammten. Heidi kennt also gar nichts anderes. Es gab Zeiten, da wir beim Einkaufen noch eine extra Runde um die Regale mit den Süssigkeiten gedreht haben. Alles in der Hoffnung, dass Heidi vielleicht Appetit auf ein paar Schokolinsen kriegen könnte. Nun plötzlich ist das alles ganz anders. Nun plötzlich muss sie sich unsere Auslegungen und Erklärungen zum Thema anhören, statt die Leckerheiten einfach in sich hinein zu schieben. Heidi ist oft erstaunt und es kommt schon mal vor, dass sie einsichtig ist... 


Unser Urlaub rollt weiter. Auch auf dem Campingplatz in Lilleby (liegt an der Küste bzw. in den Schären ca. 20 km westlich von Göteborg) und in Göteborg regnete es eine Menge. Zum Glück war es ein bisschen schöner, als wir Bengt (Jans Chef) und dessen Frau Lisbeth auf der Schäreninsel Hönö besuchten. Wir verbrachten einen gemütlichen Nachmittag, der viel zu schnell verging. Ein Detail, das hier unbedingt erwähnt werden muss, ist, dass Bengt uns in Lilleby abholte. Und ratet mal, wie... Genau. Mit einem tollen Motorboot. Am Freitag Segelboot, nun Motorboot, das war was für unsere abenteuerlustige Maus.



Am Nachmittag verzogen sich die allerdicksten Wolken und das Meer hatte sich etwas beruhigt. Auf der halbstündigen Fahrt zurück zu Lillebys kleinem Hafen konnte Heidi ganz vorn im Bug sitzen. Kein Zweifel, dass es ihr riesigen Spass machte, als das Boot mit gut 30 Knoten (ca. 55 km/h) die Wellen durchschnitt.

Bei genauerer Beobachtung entdeckte ich zu meiner Verwunderung, dass wir nicht mehr einfach nur mit dem blossen Dasein zufrieden waren. Die schwachen Zeichen, dass wir mehr wollten, nahmen immer mehr Gestalt an. Beispielsweise begannen wir, über das Wetter zu meckern. Die wunderschöne Westküste und so viel Regen - ja, schliesslich hatten wir genug. Ein Zeichen von Genesung? Sowohl Jan als auch ich kramten das Buch hervor, das wir begonnen hatten, bevor Heidi krank wurde. Man könnte meinen, dass wir einen klitzekleinen Schritt aus unserer Verschanzung gemacht haben. Aus der Verschanzung, in der es so lange absolut nichts anderes als Heidi gegeben hatte. Zu hundert Prozent.

Auf der Jagd nach Sonnenschein analysierten wir eine Vielzahl von Wettervorhersagen von allerlei Orten in ganz Südschweden bis hoch nach Gävle und entschieden, dass wir quer rüber an die Ostküste fahren würden. Am Donnerstag kamen wir auf dem Campingplatz Tättö, ein paar Kilometer von dem Ort Loftahammar entfernt, an. Mit uns kam schönes Sommerwetter. Heidi konnte sogar baden, auch wenn das Wasser nur 17 Grad hatte und wir ihr die ganze Zeit in den Ohren lagen, dass sie schnell wieder raus muss...






Wir streunten auf der Halbinsel herum, sammelten Blaubeeren, fuhren Rad, angelten. Nach eine Woche wurden wir dann doch ein bisschen rastlos und begaben uns auf den Weg zu dem grossen See Vättern. An dessen Südspitze übernachteten wir eine Nacht auf einem Campingplatz in der Nähe von Gränna. Am nächsten Tag zogen wir weiter und kamen nun zu Jans Heimatstadt Vänersborg, die an der südlichen Spitze des Sees Vänern liegt. Hier besuchten wir nun jede Menge Verwandte. Es ist fast zwei Jahre her, dass wir gemeinsam in dieser Gegend waren. In der Nähe von Vänersborg liegt auch das Sommerhäuschen von Heidis Cousinen Elin und Hanna und es gab ein grosses Hallo, als die drei Mädchen sich endlich mal wiedersahen.
Das Wetter spielt uns weiterhin seine unangenehmen Streiche. Es regnet immer wieder. Der Sommer will einfach nicht richtig aus dem Knick kommen. Baden und Strandbesuche gehören zu den seltenen Beschäftigungen. Schade! Auf dem Campingplätzen stehen etliche Standplätze unter Wasser und die Cafés und Restaurants gähnen menschenleer. Dieses Phänomen ist nicht direkt selten und wird auch als schwedischer Sommer bezeichnet.


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